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EIN PREUSSISCHER OFFIZIER IM TÜRKISCHEN DAMPFBAD


Der preußische Offizier Helmuth von Moltke war fünfunddreißig Jahre alt, als er im Jahr 1835 als Militärberater der osmanischen Truppen in die Türkei geschickt wurde. Moltke, gebildet und weltoffen, lebte insgesamt vier Jahre in der Türkei, davon zweieinhalb Jahre in Istanbul. Seine kartographischen Arbeiten über Kleinasien bildeten die Grundlage für die ersten präzisen Landkarten dieser Region.
Im Jahr 1841 veröffentlichte Moltke seine Zeugnisse des niedergehenden Osmanischen Reichs. Einmal besuchte Moltke an einem Tag spät im November ein Dampfbad. Die Schilderung, die davon gibt, hat heute noch Gültigkeit: (Hunger, Kälte und Ermüdung nach vierzehnstündigem Ritt schüttelten mir die Glieder mit Fieberfrost.
Man schlug mir vor, ins Hamam oder türkische Bad zu gehen. Wir traten in ein weites hohes Gewölbe, in dessen Mitte ein Springbrunnen plätscherte, der mir die Kälte sozusagen anschaulich machte, welche in diesen Räumen herrschte. Ich verspürte nicht die geringste Versuchung, nur das kleinste Stück meiner Toilette abzulegen, überdies sah ich durchaus keine Badewanne und dachte nur mit Schrecken an den Springbrunnen und seine Eiszapfen.


Der Badewärter, der in unseren bedenklichen Mienen las, führte uns ein zweites Gewölbe, in welchem schon eine ganz anständige Hitze war. Hier bedeutete man uns durch Zeichen, dass wir uns entkleiden möchten; man wickelt sich ein halbseidenes blaues Tuch um die Hüften und bekommt ein Handtuch als Turban um den Kopf. Nach dieser Einkleidung schob man uns in eine dritte gewölbte Halle hinein, deren marmorner Fussboden so stark geheizt war, dass man ihn nur auf hölzerne Pantinen (Galendschi) betreten konnte.


Unter der Mitte der Kuppel erhebt sich ein zwei Schuhe hohes Plateau, mit Marmor, Jaspis und Achat reich ausgelegt, auf welches man sich behaglich hinstreckt. Der Telektschi (tellak) oder Badewärter schreitet nun zu einer ganz eigentümlichen Prozedur. Der ganze Körper wird gerieben und alle Muskeln gereckt und gedrückt. Der Mann kniet einem auf die Brust oder Fährt mit dem Knöchel des Daumens den Rückgrat herab; alle Glieder, die Finger, und selbst das Genick bringt er durch eine leichte Manipulation zum knacken. Wir mussten oft laut auflachen, aber der Schmerz nach dem langen mühseligen Ritt war verschwunden. Durch Klatschen in die Hände gibt der Telektschi das Zeichen, dass er mit seiner Operation fertig sei. Man begibt sich nun in die kleinen noch stärker erwärmten Zellen, welche die große Halle umgeben. Hier sprudelt klares Wasser in Marmorbecken, und zwar nach Belieben, aus zwei Hähnen, warmes und kaltes.
Der Patient wird nun demselben, aus zwei Hähnen, warmes und kaltes. Der Patient wird nun demselben Verfahren unterworfen wie die türkischen Pferde beim Striegeln, indem nämlich der Wärter einen kleinen Sack aus Ziegenhaar (Gebrek) über die rechte Hand zieht und damit den ganzen Körper anhaltend überfährt. Dies ist allerdings gründliche Reinigung, und man möchte sagen, dass man noch nie gewaschen gewesen ist, bevor man nicht ein türkisches Bad genommen. Der Telektschi erscheint nun aufs Neue mit einer großen Schüssel mit wohlriechendem Seifenschaum. Mittels eines großen Quastes aus den Fasern der palmrinde seift er seinen Mann Vom Scheitel bis zur Fußsohle, Haare, Gesicht, alles ein, und mit wahrem Vergnügen gießt man sich dann das kalte Wasser über Kopf, Brust und Leib.