Kunst und Kunsthandwerk |
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"Pflanzliche Fasern" als Material im traditionellen Kunsthandwerk
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Farbe, Muster und Färbetechniken im traditionellen Kunsthandwerk
Weben und Knüpfen
Stoff nennen wir ein Gewebe, das auf einem senkrechten oder flachen Rahmen
zu Stande kommt, indem man durch die gespannten Kettfäden hindurch den
Schussfaden führt, wobei bei jeder Reihe der Schussfaden einmal unter und
einmal über dem jeweiligen Kettfaden zu liegen kommt. Durch eine Nabe wird
ein Teil der Fäden jeweils angehoben, sodass das Durchschießen des
Schussfadens mittels eines Webschiffchens bzw. Schützens erleichtert wird.
Man kann die Gewebeherstellung von der Technik und den entsprechenden
Geräten her in drei Gruppen einteilen:
Stoffherstellung unter Verwendung eines Weberschiffchens: Textilien, Decken
aus Siirt, Riemen und Gurte sowie Stoffe, die nicht auf einem Webrahmen,
sondern unter Zuhilfenahme einer Tafel "çarpana" gewebt werden.
1. Fest gekämmte Stoffe:
a. Festgekämmte glatte Stoffe, wie bei Web- und Wirkteppichen "Kelim",
"Cicim", "Zilis" und "Sumak"
b. Festgekämmte flauschige Stoffe, wie Teppiche.
2. Stoffherstellung ohne Verwendung eines Webschiffchens: Alte Kelims,
Gurte und Riemen und auch mit Çarpana- Technik hergestellte Gewebe.
3. Gepresste Gewebe (Filz)
Stoffherstellung unter Verwendung eines Webschiffchens
In diese Gruppe fallen alle glatten Stoffe, bei deren Herstellung die
Schussfäden durch die Kettfäden mittels eines Schützen hindurchgeführt
werden, wobei man ein Blatt oder eine Nabe zu Hilfe nimmt, die jeweils einen
Teil der Kettfäden anheben.
Verschiedene Stoffarten, Siirt- Decken, Riemen und Gurte gehören zu dieser
Herstellungstechnik. Die Siirt- Decken gehören zu den einfachen glatten
Stoffen.
Bei den traditionellen türkischen Stoffen unterschied man früher Textilien
für den Hausgebrauch, für das Straβenbild und für die Paläste. Woll-, Seiden-
, Baumwoll- und Leinenstoffe, die früher von den Hausfrauen selbst
angefertigt wurden, sind Beispiele solider türkischer Handwerkskunst. Die
fertigen Produkte wurden als Stoff, Zier- oder Taschentücher, Hand- oder
Kopftücher benutzt.
Gewebe für Riemen und Gurte : Kett- und Schussfäden bestehen aus Wolle,
Baumwolle, Leinen oder Tierhaaren, aus denen flache breite Streifen wie
Gürtel oder Riemen gewebt werden.
Die Riemen werden nicht auf einem Webrahmen gewebt, sondern es werden zwei
Holzpflöcke in die Erde geschlagen, deren Abstand in der Länge des zu
webenden Gurtes ist. Nun werden die Kettfäden zwischen den Holzpflöcken
gespannt, die über eine Nabe laufen. Durch Drehung der Nabe werden mal die
unteren, mal die oberen Kettfäden angehoben, sodass der Schussfaden
problemlos durchlaufen kann. Nach jedem Durchgang werden die Fäden fest
angezogen.
Bei diesen Produkten wird öfter eine Webart vorgezogen, die anstatt einer
Nabe eine Tafel hat, die allerdings die gleiche Funktion hat, nämlich einen
Teil der Kettfäden anzuheben um das Webschiffchen durchschießen zu können.
Diese Technik nennt man "Çarpana".
"Çarpana" ist die primitivste Webtechnik. Aus Kamel- oder Büffelrohleder
oder aus Nussbaumholz werden viereckige Tafeln hergestellt, in deren zwei
sich gegenüberliegenden Ränder Löcher gebohrt werden, durch die die
Kettfäden gezogen werden. Die Enden der Kettfäden bindet sich der Weber um
die Taille oder spannt sie wie o. e. zwischen zwei Pflöcke. Durch Drehen der
Tafel liegt mal die eine Reihe unten, mal die andere Reihe Kettfäden oben,
sodass durch den Abstand zwischen beiden der Schussfaden hindurchgeführt
werden kann.
Diese Webart wird heutzutage immer noch, vorwiegend von den Bergnomaden
praktiziert, die auf diese Art und Weise ihre eigenen Gebrauchsgegenstände
herstellen, wie z.B. die Riemen, mit denen der Filz, aus dem ihre schwarzen
Nomadenzelte bestehen, am Mittelmast befestigt wird damit die Spannung hält.
Auch für Taschen, Säcke und Satteltaschen wird Stoff gewebt. Ferner werden
für folgende Gegenstände Gurte benötigt: für Zaumzeug der Tiere, der Wagen-
und für Kopfschmuck der Kamele. Frauen brauchen Riemen, um ihren Kopfputz zu
befestigen, Gürtel für Schürzen und Kleider, Rückentücher um die Kinder zu
tragen und Riemen für die Kinderwiegen. Für Männer werden Taschen für
Patronen und Schießpulver und Aufhängriemen für ihre Schwerter hergestellt.
Ferner werden Gewebestreifen als Band für den Koran, Halfter für den
Schützenbogen, für Strümpfe und Gamaschen, sowie als Riemen für Pantoffel
und Sandalen gebraucht. Im modernen Leben wird auf diese Webart nur noch
dekorativer Zierrat hergestellt, wie originelle Stoffe, Tücher, Handtücher,
Bettlaken oder
Kopftücher.
Festgekämmte Stoffe
A. Festgekämmte glatte Stoffe
Um bei bestimmten Geweben eine hohe Festigkeit zu erzeugen, wird es nach
jeder Reihe mit dem Weberkamm zusammengedrückt. Deshalb nennen wir diese
Gewebe "Festgekämmte Stoffe".
Das Weben von Kelims : Bei dieser Technik wird mit
verschiedenfarbigen Schussfäden und einfarbigen Kettfäden gearbeitet. Grenzt
die Farbe eines Motivs an eine andere Farbe, wird der Faden nicht bis ans
Ende der Reihe sondern wieder zurückgeführt. Auf diese Art und Weise
entsteht ein Muster. Damit sich keine Löcher bilden, muss der Schussfaden
jeweils stark angezogen werden. So erhält der Kelim ein stoffähnliches
Gewebe. Je nach Webtechnik unterscheiden wir mehrere Arten von Kelims:
1. Kelims, die einen kleinen Abstand zwischen den Kettfäden haben, wo zwei
Farben bzw. Motive aufeinander treffen,
2. Kelims, bei denen kein Abstand zwischen den Kettfäden sichtbar ist; die
Schussfäden sind mit den Kettfäden des benachbarten Motivs einfach oder
doppelt verschränkt und werden dann ihrem eigenen Motiv und Farbe
entsprechend weiterverarbeitet,
3. Kelims, die eine gemusterte Umrandung haben, Kelims mit besticktem Rand,
4. Kelims mit gekrümmter Schussfadenführung,
5. Kelims, bei denen zwischen den Schussfäden bunte Fäden mit eingewirkt
werden.
Das Weben von "Cicims" : "Cicim" ist eine Art von Kelim, bei der
während des Webvorgangs zwischen den Schussfäden, die meistens aus
Tierhaaren bestehen, farbige Fäden mit eingewirkt werden. "Cicims" werden
von der Rückseite her gewebt.
Auf der Vorderseite sind die eingewirkten Fäden nach Fertigstellung wie ein
Stickmuster zu sehen. Der Schussfaden wird fortlaufend gewebt, das
Grundmuster entsteht, indem in einer Reihe je nach Motivvorgabe mehrere
Kettfäden überschlagen werden.
Die fertigen Webteppiche fallen je nach Muster, eingestreuten Motiven und
Dichte des Materials verschieden aus.
Man stellt außer "Cicims" mit dieser Webtechnik auch Satteltaschen und
Decken, die unter der traditionell auf dem Boden gedeckten Speisetafel
ausgebreitet werden, sowie Hüllen und Taschen, in denen die Aussteuer der
Braut aufbewahrt wird, Kissen, Sofadecken, Gebetsteppiche, Decken für kleine
Fußwärmöfchen, Teppiche u. a. her.
Man kann "Cicims" auch so herstellen, dass man wie bei Stoffen beide Seiten
benutzen kann. Je nach Verarbeitung der Musterfäden gibt es bei dieser Art
wiederum drei verschiedene Sorten.
Das Weben von "Zilis" : Bei der "Zili"- Technik verläuft der Musterfaden
innerhalb des Motivs jeweils über drei Kettfäden und unter einem einzelnen
Kettfaden. Ist die Reihe zu Ende, wird ein- oder zweimal ein Schussfaden
gewebt und damit der Musterfaden festgedrückt. Bei diagonalen Mustern wird
der Vorgang, dass man drei Kettfäden überschlägt um dann den Musterfaden
unter einem Kettfaden hindurchzuführen, mit jeder Reihe um einen Faden
verschoben. Es gibt Exemplare, die nach der senkrechten Methode, manche, die
nach der diagonalen Methode und manche, die beide Techniken plus Cicim
Technik aufweisen.
Die sehr dicken und groben "Zilis" werden in der Regel aus Tierhaaren
hergestellt und sind demzufolge häufig bei den Nomaden anzutreffen. Da sich
die Herstellungstechnik nicht für alle traditionellen Muster eignet, sind
die Modelle nicht sehr vielfältig. Zili- Gewebe wird vornehmlich für die
Zeltausstattung benutzt, zur Anfertigung von Saatgutsäcken, Sitzkissen,
Teppichen und Kissen.
Je nach Webart gibt es folgende Arten von "Zilis": Gerade Zilis, diagonale,
umrandete und Zilis mit Karos.
Das Weben von "Sumak" : Diese Kelimart entsteht, indem man den
Musterfaden fortwährend um zwei Kettfäden schlingt. Auf diese Art und Weise
geht man nach oben, unten, rechts oder links, je nachdem wie es das Muster
erfordert. Dann geht man zu einem andersfarbigen Musterfaden über. Bei dem
fertigen Kelim liegt das Muster hinterher profilartig auf.
Obwohl bei dieser Technik kein Schussfaden verwendet wird, gehören die
"Sumak- Kelims" doch in die gleiche Gruppe wie die "Cicims" oder "Zilis".
Zum Aufbewahren der Aussteuer, als Gebetsteppich, Satteltasche oder
Bodenbelag ist diese Kelim-Form auch heute noch sehr beliebt.
Von beiden Seiten glatte "Sumak- Kelims", "Sumak" nur mit glatter
Vorderseite, diagonal gewebte Kelims und Fischgrätenmusterkelims, sind
einige Arten die zur Auswahl stehen.
B.
Festgekämmte flauschige Gewebe
Teppiche : Zur Teppichherstellung werden auf einen Rahmen Kettfäden
aus Baumwolle, Tierhaaren, Seide oder Wolle gespannt. Je zwei Kettfäden
werden dann mit einem Woll-, Seiden- oder Flockseidenfaden umschlungen und
verknotet. Mit zwei Reihen Schussfäden werden nun die Knoten
zusammengedrückt. Es können auch drei Reihen sein. Bei der Herstellung
türkischer Teppiche sind jedoch zwei Reihen die Regel. Ist der Teppich
einige Zentimeter in der Herstellung gewachsen, schneidet man mit einer
Teppichschere die geknüpften Fäden auf die gleiche gewünschte Höhe. In den
letzten Jahren sind auch Teppiche deren Motive auf eine jeweils verschiedene
Höhe geschnitten werden, sodass ein plastisches Muster entsteht, Mode
geworden. Teppiche können als Bodenbelag sowie auch als Decke oder
Sitzkissen verwendet werden.
Die zwei häufigsten Knüpftechniken
1. Der türkische Knoten: Der "Gördes"- Knoten als Doppelknoten und
geschlossener Knoten : Diese Art von Knoten wurde zuerst in dem Ort
Gördes, in der Nähe von Manisa praktiziert und ging später in die
internationale Fachliteratur als “Türkischer Knoten” ein. Er kann auf zwei
verschiedene Arten geknüpft werden. Bei der in Mittelanatolien üblichen Art
schlingt man den Faden zuerst um den vorderen, dann um den hinteren
Kettfaden, bevor man ihn verknotet. In Westanatolien wird es genau umgekehrt
gemacht. Das hat auf die Qualität des Teppichs überhaupt keinen Einfluss, es
erleichtert nur das spätere Beschneiden des Teppichflors bei den
westanatolischen Teppichen.
2. Der iranische Knoten: Der "Sine" Knoten als einfacher Knoten und
offener Knoten.
Diese Art von Knoten haben ihren Namen von der Ortschaft "Sine" im Westen
des Irans. Bei dieser Technik wird der Faden nur um den vorderen der zwei
Kettfäden geschlungen und verknotet. Dann führt man die Faden Enden um den
hinteren Kettfaden herum und zieht mit einer Bewegung nach unten den Knoten
fest. Auch bei dieser Knüpftechnik werden nach jeder geknüpften Reihe zwei
Reihen mit dem Schussfaden gewebt und damit die Knoten zusammengedrückt.
Wichtige türkische Teppichzentren was Färben, Motive und Qualität der
Teppiche angeht sind: Uşak, Konya, Bergama (Yağcıbedir), Hereke, Gördes,
Kula, Ladik, Sivas, Milas, Antalya (Döşeme altı), Fethiye, Kırşehir, Niğde,
Kayseri und Isparta.
Webstühle kann man auf Grund ihrer Verwendung in folgende Gruppen einteilen:
Webstühle für Festgekämmte Gewebe
1. Tischwebstühle
2. flache Webstühle (diese tragbaren Webstühle werden vor allem bei
stoffähnlichen Gewebearten benutzt)
3. stehende Webstühle (gibt es als Teppichwebstuhl)
4. Webstuhl für Stoffe, die mit "Sarma"- Technik gearbeitet werden, bei der
die Kettfäden umwickelt werden und als einfacher Webstuhl bekannt ist.
Webstühle, auf denen mit dem Webschiffchen gearbeitet wird:
Es gibt Webstühle, bei denen der Schütze, bzw. das Webschiffchen von Hand
durch die Kettfäden hindurch geführt wird. Diese Vorrichtungen haben in der
Regel zwei Pedale.
Dann gibt es Webstühle, bei denen der Schütze, unter Zuhilfenahme eines so
genannten Picker mit großem Druck durch die Kettfäden durchgeschossen wird.
Bei in den Boden eingelassenen Webstühlen, sitzt der Weber in einer
Vertiefung und bedient von dort aus die Pedalen.
Bei den technisch etwas komplizierten Webstühlen gibt es die, die mit
mehreren Blättern arbeiten (werden bei Stoffen, die 8 bis 24 Blätter
benötigen gebraucht)
Jacquard-Webstühle, die mit 20 bis 32 Blättern arbeiten können, was bei
Jacquardgeweben wichtig ist, da die Kettfäden im stetigen Wechsel jeweils in
einer anderen Reihenfolge gehoben und gesenkt werden müssen, damit das
plastische Stoffmuster entsteht.