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Bauart, Beheizung und Beleuchtung

 

Volkstümliche Architektur

 

Die volkstümliche Architektur richtet sich jeweils nach den Lebensbedürfnissen der Gesellschaft. Traditionelle Formen und anonyme Baupläne sind typisch für sie.

Gleichzeitig geben uns Beispiele volkstümlicher Bauweise Auskunft über die sittlichen Werte, Weltanschauung, Tradition und Religion sowie über Familien- und Nachbarschaftsbeziehungen.

Die staatlichen und monumentalen Gebäude haben einen anderen Stellenwert als die volkstümliche Bautradition. Öffentliche Bäder jedoch, sowie Brunnen und Kaffeehäuser können wir im Rahmen der volkstümlichen Architektur sehen.

Für diese ist die natürliche und gesellschaftliche Umgebung und auch die Bauart sowie Baumaterial ein wichtiger Faktor. Beim Bau eines volkstümlichen Hauses achtet man auf folgendes:

• Wirtschaftliche Bauweise
• Berücksichtigung der Lebensart
• Berücksichtigung der Bedürfnisse
• Beachtung der Familien- und Verwandtschaftsbeziehungen
• Beachtung der Tradition, Sitten, Gebräuche und Religion.

Die volkstümliche Bauweise hat keinen monumentalen Charakter, sie hat nicht zum Ziel der Nachwelt ein Denkmal zu hinterlassen. Das Baumaterial stammt aus der Region was zur Folge hat, dass Häuser aus einem ähnlichen geologischen oder geographischen Gebiet auch ähnliche Formen im Hausbau aufweisen. Diese Häuser werden nicht von einem Architekten, sondern von den Hausbesitzern persönlich oder ansässigen Handwerksmeistern gebaut. Meistens ist der Baumeister unbekannt und schnell vergessen, aus welchem Grund man auch diese Art des Häuserbaus “Anonyme Architektur” nennt.
Sie sollten immer unter folgenden Gesichtspunkten untersucht werden:

• Als Wohnstätte der dort ansässigen Bevölkerung
• Nach ihrer natürlichen Umgebung
• Nach ihrer Funktionalität
• Nach ihrer Bauart und verwendetem Material
• Nach ihrer Bautechnik
• Nach ihrer Beziehung zu Tradition und Religion ihrer Bewohner.

Die volkstümliche Bauweise verändert sich, solange sich an der Wirtschafts- und Gesellschaftsform nichts ändert, nicht. Beispiele von volkstümlicher Architektur, bei denen die Häuser ohne einen bestimmten Bauplan gebaut wurden, sind in sieben Regionen Anatoliens mit all ihren Besonderheiten anzutreffen. Die dem Kulturministerium untergeordnete Abteilung für Forschung und Förderung der Volkskultur hat es sich zur Aufgabe gemacht, diesen Baustil zu erforschen und zu dokumentieren. Zu diesem Zweck wurden zahlreiche Gespräche mit regionalen Maurermeistern geführt, die die Bautechnik, Funktionalität und Bedeutung der Tradition erklären. Gesprächsaufzeichnungen und Dias werden archiviert. Das Ziel dieser Forschungen ist nicht, volkstümliche Bauwerke in ihrer traditionellen Form zu bewahren und zu schützen, sondern den Bedarf und Sinn dieser Bauform zu erkennen und ihn neu zu interpretieren. Denn genauso wichtig wie traditionelle Bedürfnisse zu befriedigen, ist es auch zeitgemäße Neuerungen und Veränderungen zu akzeptieren und in die Tat umzusetzen.

Eine Gesellschaft, die über volkstümliche Bauweise nicht ausreichend informiert ist, begnügt sich damit alte Häuser abzureißen und an ihrer Stelle hässliche und ungesunde Neubauten entstehen zu lassen. Deshalb sollte man die Menschen darüber aufklären, dass der Mensch und seine Umgebung eins sind. Zunehmende Technologie und eine Veränderung der kulturellen Werte haben zu einer immensen Vergrößerung der Städte und einem daraus resultierenden Bauboom geführt. Was dabei jedoch nicht vergessen werden sollte ist: Zusammenarbeit der Architekten, Wissenschaftler und Forscher, die auf dem Gebiet der Volkskultur gut ausgebildet sind, gute Koordination zwischen o. a. Berufsgruppen und Ethnologen, Beratung mit Soziologen, die eine Veränderung kultureller Werte besser erkennen und interpretieren können und auf diese Weise Architekten und Bauplanern wichtige Informationen liefern können.

Der Mensch und die Natur sind eins und die Menschen werden immer, wie schon zur Vorzeit, das Bedürfnis nach einem Unterschlupf haben. Diese Wohnstätte werden immer die wichtigsten Zeugen kultureller Veränderungen der Gesellschaft sein.

Obere Abbildung: Sakarya
Untere Abbildung: Haus in Ardanuç, das mit der Çakatura- Technik erbaut wurde.

 

Wohnkultur in der volkstümlichen Architektur
 

In der volkstümlichen Architektur unterscheiden wir zwischen Wohnstätten, die nur vorübergehend oder ständig bewohnt werden.
Zu den vorübergehenden Wohnstätten zählen die Almhütten, die nur dann bewohnt werden, wenn man mit den Viehherden auf die Berge zieht.
Diese Hütten bieten in einem Raum den Menschen, in einem größeren den Tieren Unterschlupf. Diese beiden Räume können nebeneinander oder bei zweistöckigen Häusern übereinander liegen, wobei im ersten Stockwerk natürlich die Menschen wohnen, während sich der Stall im Erdgeschoss befindet.
Das Baumaterial wird je nach Standort gewählt. Liegt die Hütte im Wald, liegt es nahe, das dort vorhandene Holz zu benutzen, liegt sie in höheren Regionen, wo es viele Steine gibt, werden diese als Baumaterial benutzt.

In dem einzigen Wohnraum für die Menschen befindet sich jeweils eine Feuerstelle, auf der auch Essen gekocht wird und breite Bänke, auf denen 5–6 Personen Platz zum Schlafen finden. Die Almbevölkerung verbringt einen großen Teil des Tages in diesem Raum, wenn sie nicht gerade mit Viehhüten oder Tierpflege beschäftigt ist.

Ständige Wohnsitze für Menschen finden wir außerhalb der Almen in Weinbergen und Nutzgärten, wo sich die Menschen auf Grund der günstigen Umweltbedingungen niedergelassen haben.

Entsprechend ihrer Umwelt sind diese Häuser bautechnisch und vom Material her gesehen unterschiedlich ausgestattet.
Bei den volkstümlichen Bauten hängt die Wahl des Materials jeweils vom vorherrschenden Klima und der natürlichen Umgebung ab, wohingegen die Aufteilung der Wohnräume und die Wohnkultur die wirtschaftliche Situation der Region widerspiegeln.

Während auf den Almen die Häuser und Hütten ehe versprengt gelegen sind, fällt einem in den Dörfern der Ebenen ein gewisses System in der Anordnung der Häuser auf.

Beim Bau der Häuser wir jeweils auf folgendes geachtet:

- die Häuser liegen nahe der Felder,
- ein fester Baugrund ist vorhanden,
- dem Nachbarn nicht zu nahe sein,
- das Haus liegt in der Nähe einer Wasserstelle oder eines Weges, um das tägliche Leben auf diese Art zu erleichtern,
- die Fenster sind gegen Süden gerichtet, um von Wärme und Licht zu profitieren,
- die Front des Hauses ist nicht nach Mekka ausgerichtet.

Die Grundsteinlegung für ein neues Haus erfolgt in ganz Anatolien Tradition mäßig an einem Freitag, mit den Ausschachtarbeiten des Fundamentes beginnt man in der Regel in der rechten Ecke, wobei den ersten Spatenstoß der Hausherr selbst zu verrichten hat.

Untersuchen wir die Anlage und den Plan eines volkstümlichen Hauses, so stellen wir fest, dass auch Nebengebäude von außerordentlicher Bedeutung sind.

Diese Nebengebäude, die der Erleichterung des täglichen Lebens dienen, weisen je nach Region Unterschiede auf. Sie unterscheiden sich in technischen Besonderheiten und passen sich den Klima- und Wirtschaftsbedingungen der Region an.

Als Nebengebäude zu dem eigentlichen Wohnteil können wir Ställe, Lagerräume, Vorratsräume, Stroh- und Heuschober, mit Erde oder Stroh gedeckte Lehmhütten und Toiletten nennen. Meistens befinden sich die Gebäude in der Nähe des Hauses, können jedoch auch etwas weiter ab in der Nähe der Wiesen und Felder liegen.

 

Baumeister und Formen der Auftragserteilung
 

Die Baumeister aus dem Volk sind entweder Maurer oder der Hausherr selbst der sein eigenes Haus baut. Der Baumeister baut nicht nach einem bestimmten Plan, sondern nach jahrelanger traditioneller Überlieferung. Die Häuser, die sich von der regionalen Bauart kaum voneinander unterscheiden, zeichnen sich nur durch verschiedene Größe aus.

Solange sich an den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Normen nichts ändert, bleibt auch die Art und Weise des Häuserbaus lange Jahre die gleiche.
Diese volkstümlichen Maurermeister haben keinerlei fachliche Ausbildung, kopieren aber einfach die Technik, die sie von ihren Vätern und Vorvätern erlernt haben.

 

Beheizung und Pflege der Wohnstätten, Beleuchtungskörper und Einrichtungsweise

 

Bei den volkstümlichen Häusern fällt auf, dass fast alle Fenster zum Süden schauen, was einen großen Lichteinfall bedeutet. Um die Wärme zu speichern sind die Fenster so klein wie möglich gehalten, die Wände sind dick und Decken und Fußböden mit Lehm, Stroh oder einem Zweiggeflecht der Schwarzerle isoliert.

Während man früher die Wohnräume mit der Glut der Feuer- und Kochstelle beheizt hat, haben heutzutage Holz- und Backöfen diese Rolle übernommen. Die Beleuchtung ging ebenfalls von der Feuerstelle aus, in der ein Holzklotz die ganze Nacht über brannte.

Später benutzte man Öl-, Petroleum- und Gaslampen. Heutzutage gibt es kaum noch ein Haus, welches nicht an ein Elektrizitätsnetz angeschlossen wäre.

 

Türkische Häuser
 

Was ist ein türkisches Haus?

Ein türkisches Haus ist ein solches, in dem von jeher Türken gelebt haben und das auch von ihnen gebaut worden ist. Allerdings haben die Türken, seitdem sie die Geschichtsbühne betreten haben, sehr oft ihren Lebensraum geändert. Von Mittelasien bis zum Balkan, von Nordafrika bis nach Arabien, von dort bis zur Schwarzmeerküste haben Türken zu verschiedenen Geschichtsepochen gelebt und viele Staaten gegründet. Aus diesem Grund engen wir die Definition eines türkischen Hauses etwas ein und konzentrieren uns auf die Häuser, die das Osmanische Imperium der Nachwelt hinterlassen hat und von denen einige noch vor 1700 entstanden sind.

Was sind die besonderen Merkmale eines türkischen Hauses?

Eine originalgetreue Anordnung der Zimmer : Der wichtigste Bestandteil eines türkischen Hauses sind die Zimmer, deren Bedeutung sich während der vielen verschiedenen Perioden nicht verändert hat.

Der Bauplan des Hauses : Bei den verschiedenen Bauplänen sind Dielen im Inneren oder Äußeren des Hauses, Aussichtstürmchen und Korridore hervorstechende Merkmale. In der Regel sind die Zimmer so angeordnet, dass man jedes Zimmer von einem separaten Eingag eines langen Korridors aus betritt und damit die Privatsphäre des Bewohners garantiert. In den späteren Epochen waren Dielen, die in der Mitte des Hauses lagen, populär.

Bauweise über mehrere Etagen : Das Haus ist mindestens zweistöckig, wobei die Wohnräume im oberen Stockwerk liegen. Es ist über eine Treppe zu erreichen, die von der Straße aus hinaufführt. Das Untergeschoss ist in der Regel ohne Fenster und vermittelt hiermit den Eindruck einer Burgmauer. Die Mauern sind hoch und bestehen aus Backsteinen.

Die Form des Daches : Das Dach neigt sich zu allen vier Seiten herunter und ist von einfacher Form. Die Traufen sind breit und horizontal.

Die Bauweise :
Das auffälligste Bausystem bei den türkischen Häusern ist der Holzbau, dessen Freiräume zwischen Holzlatten und Balken mit Gips, Lehm oder einem anderen Material gefüllt werden, wobei ein Geflecht aus Zweigen und Reisig Halt gibt.

Was bei der volkstümlichen Bauweise relevant ist, ist auch bei den Häusern der Oberklasse wichtig. Je nach Wohlstand des Besitzers gibt es mehr oder weniger Zimmer im Haus, ist das Haus mehr oder weniger mit Zierrat geschmückt. Diese Haustypen haben überall wo sich die türkische Kultur verbreitet hat dem Stadtbild ihren Stempel aufgedrückt. Man kann sie zwischen anderen Häusern gleich an ihrer Verschiedenheit erkennen.

Es waren nicht sehr viele, die sich mit der Geschichte der türkischen Häuser beschäftigt haben. Einer von ihnen, der sich schon in jungen Jahren dafür interessierte und auf diesem Gebiet umfangreiche Untersuchungen anstellte und Dokumente sammelte, war Sedat Hakkı Eldem. Einen Teil seiner Untersuchungen und Dokumentationen konnte Eldem noch kurz vor seinem Tode veröffentlichen, sodass wir heutzutage einige wichtige Exemplare der typischen türkischen Häuser wenigstens aus der Literatur kennen gelernt haben. Auch der Archäologe Mahmut Akok hat mit Verzeichnissen regionaler türkischer Häuser und entsprechenden Artikeln dazu die Fachliteratur auf diesem Gebiet bereichert.

1950 stellte der Fachbereich Architektur der Technischen Universität Istanbul umfangreiche Studien zum Thema ”Architektur von Wohnhäusern in bedeutenden Städten” an. Nachdem dieses Thema daraufhin fast 20 Jahre vernachlässigt worden war, tauchte es schließlich wieder in Dissertationen und Projektarbeiten von Studenten auf.

Grund für dieses wieder aufflammende Interesse ist das langsame Verschwinden traditioneller Häuser aus unserem Leben und der Bau von ordinären, modernen Häusern. Trotz allem muss man staunen, wie viele dieser alten türkischen Häuser sich noch gehalten haben. An Stellen wo man sie schon gar nicht mehr vermutet, trifft man sie an. Viele sind noch nicht einmal registriert oder fotografiert worden.

Das allgemeine Aussehen eines türkischen Hauses

Das untere Stockwerk eines typischen türkischen Hauses besteht aus Backsteinen und ist von der Straße aus nicht zu betreten. Die Mauern sind dick und teilweise mit dicken Holzbalken verstärkt um das obere Geschoss, bzw. die oberen Geschosse zu tragen, die aus verfugten Holzplanken bestehen. Gibt es eine mittlere Etage, so hat sie eine niedrige Decke und wird für gewöhnlich als halbes Stockwerk bezeichnet. Das obere Stockwerk wurde im Laufe der Zeit mit immer mehr Fenstern und Erkern ausgestattet, was Abwechslung in die Monotonie der Fassade brachte. Die ersten Fenster waren noch ohne Glas, bis dass dieser Baustoff populärer wurde. Die Rahmen waren aus Holz und die Fenster bestanden aus zwei Flügeln, die sich nach rechts und links öffnen ließen. Später ließ man sich vom Westen beeinflussen und verwendete Schiebefenster, die sich öffneten, indem man sie nach oben oder unten schob.
Die Fenster hatten Standardmaße was dem Haus einer ganzen Straße oder einem kompletten Ort ein harmonisches und ordentliches Aussehen verlieh. Die Zimmerdecken waren geometrisch aufgeteilt und teilweise mit Farben verziert. Das Dach war immer nach allen vier Seiten heruntergezogen, eine Besonderheit, die alle türkischen Häuser auszeichnet.

Die Zimmer


Der wichtigste Teil eines türkischen Hauses sind die Zimmer. Jedes Zimmer ist groß genug, um einem Ehepaar als Wohn-, Ess- und Schlafzimmer zu dienen und ist in der Regel auch mit einem eigenen Bad oder Waschraum ausgestattet. Die Zimmer können von verschiedener Größe sein, haben aber alle die gleiche Funktion. Da sich an dem traditionellen Zusammenleben von Familiensippen jahrelang nichts geändert hatte, blieb auch diese Wohnkultur lange Zeit in dieser Form bestehen. Um o. e. Bedürfnisse wie Essen, Schlafen, Wohnen und Baden zu befriedigen, hatte man eine variable Möglichkeit geschaffen. So wie die türkischen Vorfahren in einem Zelt lebten, so lebte man jetzt in einem Zimmer. Während auch das Zelt vielen verschiedenen Zwecken diente und die diversen Lebensräume nicht in eigene Zellen abteilte, versuchte man in den Zimmern immerhin durch Raumteiler, Stufen und Nischen die unterschiedlichen Funktionsebenen voneinander zu trennen. Während sich der Herd oder die Feuerstelle in den Zelten genau in der Mitte befand, so hatte er im Zimmer seinen Platz an der Wand, damit der Rauch besser abziehen konnte. Die Becken für die Glut standen jedoch mitten im Zimmer. Die Innenausstattung des Zimmers richtete sich ganz nach den Bedürfnissen der Bewohner. Da die Räume für verschiedene Tätigkeiten benutzt wurden, war es wichtig, dass die Gegenstände die man für die jeweilige Tätigkeit benötigt hatte hinterher wieder weggeräumt wurden. Für die Betten gab es zum Beispiel große in die Wand eingelassene Schränke aus denen Matratze und Bettzeug zur Schlafenszeit herausgeholt wurden. Morgens nach dem Aufstehen wurden sie wieder in den Schränken verstaut. Zur Essenszeit wurde aus den eingebauten Schränken ein Tuch hervorgeholt, welches unter dem Holzgestell, das eine große Kupferplatte trug, ausgebreitet wurde. Auf der Kupferplatte wurde das Essen angerichtet. Nach der Mahlzeit wurden alle Utensilien wieder in den Schrank geräumt. Weil die Zimmer zu so vielen Zwecken benutzt wurden, mussten sie weitgehend leer sein und in der Mitte viel Platz haben. Sitzgelegenheiten boten gepolsterte Sitzbänke, die sich entlang der Wände hinzogen. Die Schlaf- und Esskultur war im Zelt sowie in den Palästen die gleiche. Die Mehrzweckverwendung der Räume und ihre Leere erinnern an die japanische Wohnkultur. Es ist interessant, dass die Japaner, obwohl sie sonst soviel von den Chinesen übernommen haben, deren Vielfalt an Einrichtungsgegenständen nicht für sich in Anspruch genommen haben, was wahrscheinlich aus der Tatsache resultiert, dass eine der zwei Abstammungslinien der Japaner nach Mittelasien führt.

VERSCHIEDENE PLÄNE FÜR TÜRKISCHE HÄUSER


Das wichtigste Element eines Bauplans für ein türkisches Haus ist der Flur, von dem alle Zimmer abgehen. Während die Zimmer von ihrer Größe und Funktion her nicht viel voneinander abweichen, wird der Flur vielfältig gestaltet und hat verschiedene Aufgaben zu erfüllen. Aus diesem Grund ist der Flur, auf Türkisch "Sofa" genannt, ausschlaggebend für die Klassifizierung der Häusertypen, die zum ersten Mal S. H. Eldem vorgenommen hat. Nach dieser Gruppierung können wir die Häusertypen in die mit einem außen liegenden und in die mit einem innen bzw. in der Mitte des Hauses liegenden Flures einteilen.

Hauspläne, bei denen der Flur draußen liegt : Dieser Plan ist einer der ältesten und wurde früher bei vielen türkischen Häusern angewendet. Es gibt viele Variationen und auf Symmetrie wird wenig Wert gelegt. Der Flur öffnet sich nach draußen und hat nur eine oder drei geschlossene Wände. In dieser Form ist noch das ehemalige naturverbundene Nomadenleben der Türken zu erkennen. Während die Zimmer die ehemaligen Zelte symbolisieren, stellt der offene Flur, der den Hausbewohnern als Wohn- und Arbeitsebene dient, die freie Natur dar. Die meisten Flure sind an den beiden Nebenseiten mit Mauern verschlossen, sodass nur die Vorderfront offen ist.

Korridore oder Dielen, die sich jeweils zwischen zwei Zimmern befinden, nennt man "Eyvan". Viele Jahre später ging man dazu über, auch die Vorderfront der "Sofas" mit Glas zu verschließen. Aussichtszimmer- und Türme sind beliebte Accessoires bei diesem Häusertyp. Es gibt auch Häuser, bei denen der Flur um die Ecke führt. Bis zum 19. Jahrhundert trifft man diese Bauform noch an, später jedoch immer mit verglastem Außenflur.

Hauspläne mit internem und zentralem Flur : Häusertypen, die nach diesem Plan gebaut wurden, trifft man bereits im 18. Jahrhundert an, ihre Verbreitung begann jedoch erst im 19. Jahrhundert. Mit dem Anwachsen der Städte, der Verkleinerung und Wertsteigerung der Grundstücke, änderten sich auch die Ansprüche, die die Menschen an ihre Häuser stellten. Ein in sich abgeschlossener, nach außen abgeschirmter, kompakter Bauplan war nun gefragt. Ein bequemes Familienleben, geschützt vor Kälte und äußeren Einflüssen, war ein sozialer Aspekt, der nun eine Neuordnung der Räumlichkeiten erforderte. Der Flur wurde nach innen verlegt, es entstand eine größere Anzahl von Zimmern, die durch ihre Lage nur einer Trennmauer zwischen sich und dem Nachbarzimmer bedurften, was vom Finanziellen her auch viel wirtschaftlicher war. Einer anderen These zufolge soll es diese Art des Häuserbaus schon in Mittelasien gegeben haben und die Türken führten diese Bautradition in Anatolien fort, indem sie Lehranstalten, Moscheen und kleine Paläste nach diesem Modell bauten. Im 18. Jahrhundert wurde dieser Stil wieder aufgegriffen und die Häuser der damaligen Stadtregenten wiesen den gleichen Plan auf. In den darauf folgenden Jahren gewann diese Bauart an Popularität und war bald eine der beliebtesten. Die Zimmer liegen entweder auf einer oder, bei den zentralen Dielen, auf zwei gegenüberliegenden Seiten des Flurs in symmetrischer Anordnung.

PROJEKTMETHODEN

Bei der Projektgestaltung eines türkischen Hauses konnten als wichtigste Faktoren bei der Beeinflussung der Form geschichtliche Umstände und eine räumliche Entwicklung festgestellt werden. Diese Umstände haben den typischen Charakter eines türkischen Hauses geformt. Nachdem sich diese bestimmte Form herauskristallisiert hatte, hatten Klima und geographische Lage keinen großen Einfluss mehr auf die Gestaltung des Hauses. Man findet z.B. diese typischen Häuser, mit dem nach außen geöffneten Flur sowohl in Antalya als auch in Kütahya, was von einer starken Projekttradition zeugt. Indem man die Gelegenheit zu sowohl abgeschlossenem Leben im Haus als auch in Naturnähe auf den offenen Fluren gegeben hat, eignete sich dieses Projekt für alle möglichen Klimaregionen. Trotzdem kann man nicht sagen dass die damals gebauten Häuser schablonenartig einander ähnlich waren. Lebensart und –unterhalt in der betreffenden Region, vorhandenes Baumaterial und eine damit verbundene Bautechnik, Besonderheiten des Grundstücks, sowie Reichtum und Beschaffenheit der Hausbesitzer waren Aspekte, die jedes Haus zu einem Original mit abweichenden Besonderheiten werden ließ. Ein ganz wichtiger Punkt war natürlich auch noch die Entfernung zu einem der damaligen kulturellen Zentren, welche damals Istanbul und Edirne waren, denen weitere größere Städte folgten.

Inwieweit sich die Mode, die in den Städten propagiert wurde, auch auf dem Land durchsetzte, hing von den politischen und geschäftlichen Beziehungen der Hausbesitzer auf dem Land zu den Stadtbewohnern ab. Schon damals war man darauf bedacht die Mode, die in den führenden Städten herrschte, auch auf dem Lande zu kopieren. Das gelang jedoch nicht immer und so kommt es, dass türkische Häuser die zu gleicher Zeit entstanden in den Metropolen ganz andere Charakteristika aufweisen als die Häuser auf dem Land, die sich oft noch konservativ an den traditionellen Stil hielten.

BAUMETHODEN

Das Hauptmaterial bei den türkischen Häusern ist Holz, wobei man als Technik das Fachwerk bevorzugte. Die Bauweise hatte einerseits Tradition, andererseits gab es angesichts der dichten anatolischen und rumelischen Baum- und Strauchbewachsung keine Materialprobleme und Fachwerkbau ist wegen seiner Elastizität gut geeignet gegen Erdbeben. In Regionen in denen Holz knapp war wurde eine Technik bevorzugt, wobei man vornehmlich Querbalken aus Holz verwendete, während die Wände aus einem anderen Material bestanden dass, ohne mit Speis verbunden zu werden, zwischen die Balken geschichtet wurde. Als Füllmaterial für die Wände wurde ein Baustoff benutzt, der in der betreffenden Region zahlreich vorhanden war, z.B. Steine. Diese Baumethode erlaubte es außerdem schnell ein Haus zu errichten, denn daran waren die ständig herumziehenden Türken durch ihr Zelt- und Nomadenleben ja gewöhnt. Das Haus konnte schnell errichtet und wieder verlassen werden. Aus dem gleichen Grund verzichteten sie auch auf ein kompliziertes Verbinden der Holzbalken. Sie wurden entweder verfugt oder zusammengenagelt. Dicke, kunstvoll zugeschnittene Balken wie in der deutschen, englischen und japanischen Fachwerk- Architektur kennt man bei den Türken nicht. Das man bei den ständig nach Westen ziehenden ersten amerikanischen Siedlern eine ähnliche Form des Häuserbaus antrifft, ist gewiss kein Zufall. Nach damals recht häufig vorkommenden Bränden, konnte auf diese Art und Weise auch schnell ein ganzer Stadtteil wieder aufgebaut werden. Natürlich spielte auch die Einstellung der damaligen Gesellschaft zu Hab und Gut eine wichtige Rolle. Das Leben verging schnell, warum sollten da Häuser lange halten. Man hing sein Herz nicht an unbewegliche Güter. Öffentliche Gebäude jedoch und Religionszentren hatten einen Anspruch auf Ewigkeit und so wurden diese dann auch nicht aus Holz, sondern aus Backsteinen errichtet. Die Familienhäuser jedoch verfielen schnell und wurden dann wieder neu aufgebaut, wobei man jeweils den Stil der jeweiligen Zeit aufgriff und je nach Bedürfnissen der Familie architektonische Veränderungen durchführte.

Der Fachwerkbau war eine günstige Form, um den Türken zwar ein Leben im Haus zu ermöglichen, ohne jedoch ihren Drang sich in der freien Natur aufzuhalten einzuschränken. Aus diesem Grund gab es offene Flure, von denen die Zimmer abgingen, viele Fenster, Erker, Balkone und Traufen. Das Haus glich die verschiedenen Klimaperioden aus, behielt Feuchtigkeit nicht in den Wänden, trocknete schnell und sorgte auch in den Zimmern für eine trockene Luft.

Augrund seiner Beliebtheit hielt sich diese Fachwerkbauweise über Hunderte von Jahren hinweg und konnte sich neuen Stilen und Kunstrichtungen immer gut anpassen. In der Barockzeit waren diagonale Balken beliebt, deren Zwischenräume mit entsprechendem Material aufgefüllt wurden. Der Neo-Klassizismus brachte in die Wand eingelassene Säulen, dreieckige Aufsätze, runde und eckige Durchgänge, sowie grobe Randverzierungen mit sich, was sich bei Fachwerkhäusern alles gut realisieren ließ. Die Regierungsperiode von Abdülhamid bedeutete für den Fachwerkbau regelrecht eine Renaissance. Nun wurden die Häuser mit kostbaren Schnitzarbeiten, die fein wie gehäkelte Spitzen waren, versehen. Auch der Art- Nouveau- Stil wurde auf die türkischen Holzbauten erfolgreich angewandt. Diese, direkt nach dem Erenköy- Stil folgende Stilrichtung mit ihren weichen dekorativen Linien, erfreute sich bei den Türken sofort größter Beliebtheit und schnell profilierten sich etliche Meister auf diesem Gebiet. Dachbalkone, Geländegitter und Kamingitter zeugen noch heute von der Handwerkskunst dieser Meister. Häuser aus dem 19. Jahrhundert beweisen wie gut die neo-klassizistischen Elemente mit dem osmanischen Stil verbunden worden sind. Balken, Leisten und Zierleisten, die einen Übergang vom Detail zum Ganzen herstellen, sowie symmetrische Unterteilungen, schaffen einen Licht- und Schatteneffekt. Farbige Zierborten, Ornamente und Gemälde vervollständigen den Eindruck eines ganz besonderen Bau- und Dekorationsstils.

Das Kulturministerium hat bei Fertigstellen der vorhergehenden Seiten auf das Buch von Reha Günay “Türk Geleneği ve Safranbolu Evleri” (Türkische Tradition und die Häuser in Safranbolu) zurückgegriffen.