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Feiertage - Zeremonien - Feierlichkeiten

Religiöse Feiertage

Religiöse Feiertage werden nach dem "kameri takvim" (Mondkalender) gerechnet. Auf dem offiziell verwendeten Kalender fallen deshalb diese Feiertage nicht immer auf die gleichen Tage des Jahres. So werden zum Beispiel jedes Jahr die Feiertage "Ramazan" (Fastenmonat im Islam - Ramadan) und "Kurban bayramı" (Opferfest) mit einer Rückrechnung von 10 Tagen gefeiert, wodurch diese Feiertage im Laufe der Zeit zu unterschiedlichsten Jahreszeiten auftreten. Der "Ramazan bayramı" (Festtage des Fastenmonats) wird nach dem Mondkalender in den ersten drei Tagen des 10. Monates (Monat Şevval) gefeiert, der "Kurban bayramı" hingegen ab dem 10. Tag des 12. Monates (Monat Zilhicce) und währt vier Tage. Auch wenn diesen Feiertagen in der Tradition des Volkes nicht mehr die Bedeutung wie früher zukommt, so werden sie doch in lebendiger Weise aufrechterhalten.

Das Wichtigste des "Ramazan bayramı" und des "Kurban bayramı" ist dass Freunde, Verwandte und Nachbarn durch die gegenseitigen Feiertagsbesuche diese Feiertage gemeinsam verbringen. Die Jungen erhalten Segensgebete von den Älteren, indem die Jungen die Hände der Älteren küssen. Es ist auch Tradition, dass denjenigen die die Hände küssen kleine Geschenke und Geld überreicht wird. Den Besuchern werden am "Ramazan bayramı" Bonbons und Schokolade angeboten. Am "Kurban bayramı" dagegen werden nicht nur Bonbons sondern auch Fleisch des geschlachteten Opfertieres angeboten. Dem Gelehrten Birûnî aus Khorasma zufolge, der im 10. Jahrhundert lebte, hängt das Anbieten von Bonbons an den Feiertagen damit zusammen, dass Cem (sagenhafter pers. König) an einem Nevruz- Tag den süßen Saft des Zuckerrohres entdeckt hat und danach die Bonbonproduktion entstanden ist und sich verbreitet hat. Früher wurde nur am Nevruz- Tag (Neujahrstag) Süßigkeiten angeboten, später hat sich dieser Brauch jedoch auf andere Feiertage übertragen.

Der "Kurban bayramı" vergeht in der Türkei im Vergleich zum "Ramazan bayramı" mit weniger Spaß und Vergnügen. In dem Moment als der Sohn des Propheten Abrahams zum Opfer gebracht werden sollte, stieg vom Himmel ein Widder herab mit dem Befehl Gottes, ihn anstelle des Menschenkindes zu opfern. Dieses Ereignis ist in die islamische Religion eingegangen.

Zwischen den Monaten "Şevval" und "Zilhicce" liegt der Monat "Zilkade" (11. Monat), das vom Volk auch als Dezember bezeichnet wird. Man glaubt daran, dass es kein Glück oder nichts Gutes bringen wird, wenn man in diesem Monat heiratet. Der erste Tag des "Kurban bayramı" ist jener Tag, an dem in Mina (Ort- und Raststelle für Mekkapilger) bei Mekka die Opfertiere geschlachtet werden. Nach islamischem Glauben ist jeder wirtschaftlich Wohlgestellte Knecht Gottes dazu verpflichtet ein Opfer zu bringen. Als Opfertiere werden Schafe, Rinder oder Kamele geschlachtet. Das zu opfernde Tier muss gesund, das weibliche Tier darf nicht trächtig sein.

Es gibt einige Traditionen, die bei der Oberbringung verfolgt werden müssen. Einige dieser Traditionen führen auf den Islam zurück, einige davon sind Länder- oder Regionen- bezogene Traditionen. Z.B. ist es in einigen Gebieten der Türkei Brauch, dass die zu opfernden Schafsböcke zuvor gewaschen, mit Henna bestrichen und mit Engelshaar sowie Bändern verziert werden. Das Bestreichen mit Henna ist in der Türkei ein sehr alter Brauch der auch bei den Juden zu sehen ist. Das Verzieren mit Engelshaar und Bändern ist dagegen ein Brauch der in manchen Regionen Mittelasiens vorkommt. Ein Drittel des Opferfleisches verbleibt im Hause. Die anderen zwei Drittel werden an Nachbarn, Verwandte oder Arme verteilt.

Ein gemeinsames Merkmal der Feiertage "Ramazan bayramı" und "Kurban bayramı" liegt darin, dass gesellschaftliche Vergnügungen organisiert werden. Besonders in den Städten und Kleinstädten treffen sich die Kinder und Jugendlichen an den Stellen an denen die Opfertiere geschlachtet werden und feiern dort ausgelassen. Diese Orte fungieren zu diesen Zeiten als eine Art Messegelände.

Als "Ramazan bayramı" werden jene Feiertage bezeichnet, die nach der Beendigung einer einmonatigen Fastenzeit abgehalten werden. In diesem Monat Ramadan werden natürlich einige Gebräuche und Traditionen ausgeführt. Früher warteten die Fastenden, besonders wenn die Nächte kurz waren also im Sommer, ohne zu schlafen auf die Morgenstunden um das "sahur"- Essen, Essen vor Tagesanbruch in der Fastenzeit, zu sich zu nehmen. Somit wurde die Zeit nach dem gemeinsamen nächtlichen Gebet bis zum Fastenbrechen in den Morgenstunden mit Vergnügungen verbracht. In einigen Gebieten in Istanbul, z.B. am Divanyolu zwischen Şehzadebaşı und Direkler war diese Festtagsstimmung von weitem zu sehen. In den Nächten der Fastenzeit kam es zu Theatervorführungen wie "Karagöz" und "Ortaoyun". In den Städten und Kleinstädten im Landesinneren waren die Versammlungen zu Hause anders, die Versammlungen in den Kaffeehäusern, in denen Volkslieddichter vortragen, anders. Neben den Volksliedern erzählten diese Volkslieddichter "aşık" vielmals auch mehrer Nächte andauernde Volkserzählungen.

Jahreszeitliche Feiertage


Die Abhaltung der jahreszeitlichen Feiertage hängt mit den Bedingungen der Natur, des Klimas und der Ökologie zusammen. Z.B. die Deckung der Schafe wird in Gebieten, in denen der Winter kurz ist und das Frühjahr rasch kommt, Anfang Herbst vorgenommen. In Gebieten jedoch in denen das Frühjahr spät kommt wird die Deckung der Schafe Ende des Herbstes vorgenommen. Im Gegensatz dazu werden einige Feiertage wie z.B. "Nevruz" Neujahrsfest oder "Hıdrellez" Frühlingsbeginn in allen Gebieten zum gleichen Termin gefeiert. Man kann sagen, dass manche Feiertage von regionalen
 Produktionsbedingungen, manche wiederum von der "Tradition des Kalenders" abhängig sind. Nachstehend einige jahreszeitliche Feiertage:

Frühlingsfeiertage:

- "Nevruz" - Neujahrsfest, "Çiğdem"- Krokusfest, "Hıdrellez- Frühlingsbeginn.
- Sommerwende: Neujahr, Hälfte des Winters.
- Feiertage entsprechend der Jahreszeiten

Kette der Hirtenfeste:
 Deckung der Schafe, "davar yüzü" (Fest zum 100. Tag nach der Befruchtung), Geburtsfeste
- Feiertage der Saat, des Obstes, der Weinberge
- Feiertage bezüglich Almauf- und abtrieb

Hıdrellez - Traditionen

Hıdrellez stellt einen der jahreszeitlichen Feiertage dar, die in der gesamten türkischen Welt bekannt sind. Der als “Ruz-ı Hızır” (Hızır günü) (Sommeranfang) bezeichnete Hıdrellez- Tag wird gefeiert, da dies den Tag darstellt, an dem sich die Propheten Hızır (islamische Mythus unsterblicher Heiliger, der im Augenblick höchster Bedrängnis zu Hilfe kommt) und Ilyas (Elias) auf der Erde trafen. Durch die verbundene Aussprache des Volkes der beiden Wörter “Hızır” und “Ilyas”, entstand die Form des Wortes “hıdrellez”. Dem gregorianischen Kalender zufolge wird der Hıdrellez- Tag am 6. Mai angenommen. Nach dem früheren verwendeten und auch unter Römischer Kalender bekanntem julianischen Kalender wird damit der 23. April bestimmt.

Dem türkischen Bauernkalender zufolge, wird das Jahr in zwei Abschnitte eingeteilt. Die erste Periode beginnt ab dem "Hıdrellez"- Tag, am 6. Mai, und dauert bis zum 8. November. Diese Tage werden auch als "Hızır"- Tage, also Sommerperiode bezeichnet. Die zweite Periode beginnt am 8. November und endet am 6. Mai und ist sozusagen die Winterzeit. Die Tage werden als "Kasım”- Tage bezeichnet. Mit dem 6. Mai endet die Winterperiode und der Sommer beginnt, was als Ereignis, das zu feiern gilt, angesehen wird.

Über die Wurzeln des “hızır” und “hıdrellez” gibt es verschiedene Annahmen. Manche gehen davon aus, dass der Hıdrellez der Kultur Anatoliens und Mesopotamiens entsprungen sei. Andere Meinungen hingegen vermuten, dass die Wurzeln in der vorislamischen türkischen Kultur Zentralasiens und deren Glaubensauffassungen liegen. Dabei ist es unmöglich, das Hıdrellez- Fest oder “hızır” einer einzigen Kultur zuzuordnen. Seit den ersten zeitgeschichtlichen Epochen wurde in Mesopotamien, in Anatolien, im Iran, in Griechenland, ja eigentlich in allen Mittelmeerländern die Ankunft des Frühlings oder des Sommers im Namen mancher Götter durch Zeremonien und Messen gefeiert.

Weit verbreitetem Glauben zufolge, erlangte der Prophet Hızır durch das Trinken von Lebenswasser (ab-ı hayat) Unsterblichkeit. Von Zeit zu Zeit, besonders im Frühling, soll er sich unter die Menschen mischen und jenen, die sich in schwieriger Situation befinden, zu Hilfe eilen, Wohlstand und Segen sowie Gesundheit verbreiten. Er stellt einen Propheten dar, der in die Gnade Gottes eingegangen ist. Die Identität von Hızır ist ungewiss, sein Aufenthaltsort und die Zeit, in der er lebte, sind unbekannt. Hızır ist das Symbol des Frühlings, das Symbol des neuen Lebens, das der Frühling dem Körper bringt. In unserem Land, in dem der Glauben an Hızır weit verbreitet ist, werden ihm folgende Besonderheiten zugeschrieben:

1. Hızır eilt sich in Schwierigkeiten befindlichen Personen zu Hilfe und erfüllt ihre Wünsche
2. Hilfsbereiten, guten Menschen steht Hızır immer mit seiner Hilfe zur Verfügung
3. Orten, die er besucht, werden mit Wohlstand, Segen und Reichtum ausgestattet
4. Kummer bereitet er Abhilfe, Krankheit Heilung
5. Er bringt Pflanzen zum Erblühen, Tiere zur Vermehrung und Menschen zur Kräftigung
6. Er hilft den Menschen, ihr Glück zu finden
7. Hızır ist das Symbol für Glück und positives Schicksal
8. Er besitzt die Fähigkeit, Wunder und Gnade auszuüben.

Mit diesen Eigenschaften erinnert Hızır an die Götter der Welt der Mythologie, denen außergewöhnliche Fähigkeiten zugeschrieben werden.
In unserem Land wird das Hıdırellez- Fest am 6. Mai gefeiert. Heutzutage wird dieser Tag auch von den Christen als erster Tag des Frühlings und Erwachens der Natur angesehen. Dieser Tag wird von den Orthodoxen als “Aya Yorgi” und von den Katholiken als St. Georg-Tag gefeiert.

Hıdrellez, als einer unserer Jahreszeiten-Festtage, wird in unserem Land in effektvoller Weise gefeiert. Weniger in Städten, vielmehr in Dörfern und Bezirksstädten werden für diesen Festtag Vorbereitungen getroffen. Zu diesen Vorbereitungen gehören das Putzen des Hauses, das Reinigen des Menschen selbst sowie Zubereitung von Speisen und Getränken. Vor dem Hıdrellez- Tag wird das Haus von oben bis unten geputzt. Denn dem Aberglauben zufolge, werden nicht saubere Häuser von Hızır nicht aufgesucht. Neue Kleider und Schuhe werden gekauft, um sie am Hıdrellez- Tag anzuziehen.
In manchen Regionen Anatoliens ist es Brauch, Almosen zu verteilen, zu Fasten und ein Opfertier zu schlachten, damit die Gebete und Wünsche, die am Hıdrellez- Tag ausgesprochen werden, auch angenommen werden. Opfer und Gelübde müssen im Namen von Hızır erbracht werden. All diese Vorbereitungen werden mit dem Ziel gemacht, Hızır anzutreffen.

Die Feierlichkeiten zum Hıdrellez werden immer auf Grünflächen, in Baumgebieten, an Wasserrändern oder in der Nähe einer Türbe abgehalten. Es ist auch Brauch, bei diesem Fest frische Frühlingskräuter, frisches Lammfleisch oder Lammleber zu essen. Man glaubt daran, dass durch das Verspeisen des ersten Lammes im Frühling, Gesundheit und Wohlbefinden erlangt werden. Auch heutzutage glaubt man daran, dass alle Krankheiten gebessert werden können, wenn man das Wasser von frisch gekochten Blumen oder Kräutern, die man am Feld gepflückt hat, trinkt. Wäscht man sich allerdings vierzig Tage lang mit diesem Wasser, so soll man verjüngt und verschönert werden.

In der Hıdrellez Nacht, der Nacht in der Hızır verschiedene Orte aufsucht und den Orten und berührten Gegenständen Segen und Gnade verleiht, werden in diesem Glauben verschiedene Praktiken durchgeführt. Kisten und Behälter, in denen Lebensmittel aufbewahrt werden, werden nicht verschlossen, der Geldbeutel wird ebenso offen gelassen. Ob Haus, Garten oder Auto, wenn eine Person in der Hıdrellez- Nacht ein kleines Modell seines Wunsches an einem Ort hinterlegt, so soll ihm Hızır zur Verwirklichung dieser Wünsche verhelfen.

Ein weiterer weit verbreiteter Brauch ist die Zeremonie des “Öffnen des Schicksals” (baht açma töreni). Diese Zeremonie wird in Istanbul und Umgebung als “baht açma”, in Denizli und Umgebung als “bahtiyar”, bei den Turkmenen und Yörük (turkmenische Nomaden in Anatolien) als “mantıfar”, in Balıkesir und Umgebung als “dağara yüzük atma”, in Edirne und Umgebung als “niyet çıkarma” und in Erzurum als “mani çekme” bezeichnet. Diese Zeremonien werden in dem Glauben, dass mit dem Erwachen der Natur und aller Lebewesen im Frühling auch des Menschen Schicksal geöffnet wird, durchgeführt. In der Nacht vor dem Hıdrellez versammeln sich junge Mädchen an grünen Plätzen oder an Wasserrändern, um ihr Schicksal zu fordern und ihr Glück zu öffnen. In einen mit Wasser gefüllten Tontopf werden ihnen eigene Gegenstände wie Ringe, Ohrringe, Armreifen etc. gelegt, der Topf mit einem Tuch verschlossen und unter einem Rosenbaum gestellt. Am nächsten Morgen versammeln sich die Mädchen erneut neben dem Tontopf, trinken Milchkaffee und beten um ein gutes Schicksal. Danach wird der Tontopf geöffnet und die Gegenstände herausgenommen. Während dieses Vorganges werden “mani” (Vierzeiler) vorgelesen. Diese Vierzeiler stehen für ein bestimmtes Los und dementsprechend wird dem Besitzer des Gegenstandes sein Schicksal eröffnet. Dieses Spiel, das allein mit dem Hıdrellez in Verbindung zu bringen ist, weist unterschiedliche regionale Eigenheiten auf. In letzter Zeit wird diese Zeremonie mit dem Ziel ausgeführt, um das Schicksal der unverheirateten, “zu Hause gebliebenen” Mädchen ins Positive zu wenden.

Letztendlich kann zusammengefasst werden, dass das Hıdrellez- Fest, das in Anatolien nach wie vor prachtvoll gefeiert wird, sehr weit in die Geschichte der Menschheit zurückreicht. Obwohl Hıdrellez zu unterschiedlichen Zeiten unter anderen Namen gefeiert wurde, können die eigentlichen Motive des Hıdrellez an vielen Orten entdeckt werden. Die Ankunft des Frühlings und die Erneuerung und Wiederbelebung der Natur ist ein Ereignis, das von den Menschen als Grund zum Feiern angesehen wurde. So gewann das als Frühlingsfest angelegte Hıdrellez universelle Bedeutung.

Nevruz (Neujahrsfest)


Das Wort Nevruz entstand aus der Vereinigung der beiden persischen Wörter “nev” (neu) und “ruz” (Tag), und bedeutet soviel wie “Neuer Tag”. Nach dem alten iranischen Kalender zufolge ist dies der erste Tag des Jahres und der Tag des Frühlingsbeginns, an dem die Sonne in das Sternbild des Widders tritt.
Während die Sonne bis zum 21. März mehr Licht und Wärme an der südlichen Weltkugel abgibt, beginnt sie am 21. März, die nördliche Halbkugel zu erwärmen. Aus diesem Grunde ist für manche Völker auf der nördlichen Weltkugel der 21. März das Symbol für das Erwachen der Sonne und der Schöpfung, den es zu feiern gilt.

Nach der iranischen Mythologie, hat Gott die Welt, die Menschen und die Sonne an diesem Tag erschaffen. Als der legendäre iranische Padischah Kiyumers den Thron bestieg, wurde dieser Tag zum Festtag ausgerufen. Auch Cemşid, Symbol der Pracht und des Prunks, wurde am selben Tag auf den Thron berufen. Außerdem kam der siebte Enkel des Hl. Adam am 21. März in Aserbeidschan an und rief diesen Tag als Festtag aus.
Nevruz, der in Anatolien mit verschiedenen Namen wie “Nevruz-i Sultan”, “Sultan Nevruz”, “Navriz” oder “Mart dokuzu” bezeichnet wird, wird in verschiedenen Regionen auf unterschiedliche Art und Weise gefeiert. In Gebieten, die hauptsächlich von der Landwirtschaft leben, symbolisiert dieses Fest auch ein Fest für Wohlstand und Segen. In den Gesellschaften der Alewiten und Bektaschi wird ihren Glaubensauffassungen zufolge dem Nevruz eine eigene Bedeutung zugeschrieben.

In den Gesellschaften der Alewiten und Bektaschi stellt der Nevruz gleichzeitig den Tag der Geburt des Hl. Ali dar, ebenso den Tag der Hochzeit des Hl. Ali mit der Hl. Fatma und den Tag an dem der Hl. Mohammed nach seiner Abschieds-Pilgerreise den Hl. Ali als seinen Nachfolger erklärte. Am Morgen dieses Tages wird nach dem Gebet des Geistlichen Milch getrunken sowie Gedichte, “nefes” (Lied oder Gedicht über die Philosophie des Bektaschi- Ordens) vorgetragen und eine Messe anlässlich der Geburt des Hl. Ali gelesen. Mit den vorher zubereiteten “çörek” (eine Art Brot) wird am Nevruz- Tag auf den Friedhof gegangen, den Verstorbenen ein Besuch abgestattet und anschließend dieses Brot dort gemeinsam verzehrt.

Zur Zeit des Osmanischen Reiches wurde dem Nevruz eine besondere Bedeutung verliehen. Dichter schrieben so genannte “nevruziye”, Gedichte in der speziellen Versform von “kaside”, die den Padischahs vorgetragen wurden. In diesen Gedichten wurden das Grünen der Bäume, das Öffnen der Blumen und die Erwärmung der Luft angepriesen. Weiters erzählten diese Gedichte von der Erschaffung des Nevruz- Tages durch Adam, von der Landung der Arche Noahs, von der Geburt des Hl. Ali sowie seinem Aufstieg als Nachfolger Mohammeds. Es wurde hervorgehoben, dass sich in der Nevruz- Nacht alle Geschöpfe Gottes vor ihm verbeugen und ihre Wünsche erfüllt würden. Am Nevruz, also am Neujahrstag, präsentiert der oberste Astrologe dem Sultan den neuen Kalender und erhält dafür das so genannte "Nevruziye Bahşişi" (Nevruz Trinkgeld). Pasten und Bonbons, als "Nevruziye" bezeichnet, aus unterschiedlichsten Gewürzen wurden hergestellt und der Sultansfamilie und den Älteren angeboten. Die für diesen Tag speziell angefertigten Pasten wurden in mit Deckel versehenen Porzellan-Schüsselchen gereicht, wobei auf einem an dem Schüsselchen befestigten Papier notiert wurde, zu welcher Stunde diese Paste verzehrt werden sollte.
Die Wurzeln dieser als “nevruziye” bezeichneten Paste wird von einigen Wissenschaftlern in der persischen Zeit vermutet. Zur Zeit der Perser wurden am Nevruz- Tag alle Apotheker und Ärzte versammelt, die gemeinsam diese besondere Paste herstellten. Dem Glauben zufolge, sollte derjenige, der von dieser Paste aß, das ganze Jahr über vor Krankheit verschont werden. Mit der Zeit wurde dieser Brauch Veränderungen unterworfen und aus der Bezeichnung für diese spezielle Paste “Nevruziye” wurde eine allgemeine Bezeichnung für besondere Süßigkeiten, die an diesem Tag verspeist werden. In jüngster Zeit wird als Erinnerung an diese Tradition am 21. März in Manisa die so genannte “mesir macunu” (spezielle Paste aus unterschiedlichsten Zutaten) an das Volk verteilt.

In Ostanatolien ist nicht nur der Nevruz- Tag, sondern auch die Nevruz- Nacht von heiliger Bedeutung. Dem Glauben nach verbeugen sich alle lebendigen und leblosen Wesen in dieser Nacht vor Gott. An diesem Tag wird für jeden sein Jahresschicksal und seine Zukunft bestimmt. Man bereitet sich darauf vor, indem man schöne, neue Kleider anzieht. In den Häusern werden verschiedenste Speisen zubereitet und gegenseitige Besuche werden unternommen.
Eine weitere Tradition im Monat März ist in manchen Regionen die Tradition des “kara çarşamba” (schwarzer Mittwoch). Am ersten Mittwoch des Monates März werden verschiedenste Zeremonien abgehalten, verschiedenste Speisen zubereitet und gemeinsam verzehrt. Bei diesem Brauch ersehnt sich die Jugend einen Wunsch und lauscht an den Türen der Nachbarn.

Ein weiterer Brauch, der im Zusammenhang mit dem Nevruz steht, ist der so genannte “mart ipliği” (Märzfaden). Bei diesem Brauch werden Fäden oder Tücher an Bäume angebracht, was verhindern soll, dass die Bäume aufgrund der ab 21. März stärker werdenden Sonne, negativ beeinflusst werden.
In Giresun wird unter der Bezeichnung “Mart Bozumu” eine weitere wichtige Tradition gelebt, die mit dem Nevruz in Verbindung steht. An diesem Tag holt man aus den Flüssen der Umgebung frisches Wasser und bespritzt damit die Häuser. Dabei wird ein Glücksbringender Besucher erwartet, der mit den Worten “martınızı bozuyorum” (ich zerstöre Euren März) eintritt.

In den Regionen Zentralanatoliens ist der Nevruz als “Mart dokuzu” bekannt. Am 21. März wird sehr früh aufgestanden, die Gräber werden besucht und es wird dabei ein Wunsch gedacht. Die Person, die sich diesen Wunsch vorstellt, nimmt von den Gräbern einzeln Steine auf und sammelt insgesamt vierzig Steine, die in einen Sack gegeben werden. Dieser Sack wird zu Hause an die Wand gehängt, während dessen wieder derselbe Wunsch gedacht wird. Nach einem Jahr werden die Steine im Sack gezählt. Sollten sich im Sack einundvierzig Steine befinden, so wird der Wunsch in Erfüllung gehen. Beim nächsten “Mart dokuzu” werden die Steine wieder an den entnommenen Ort zurückgebracht.

Am Nevruz- Tag werden verschiedenste Speisen zubereitet, die den Besuchern angeboten werden. Es wird getanzt, man vergnügt sich, gefärbte Eier werden gegessen und große Feuer werden entfacht.

Der Nevruz, der in jeder Gesellschaft aus ihnen eigenen Gründen gefeiert wird, wird im Aserbeidschan, in Kasachstan, in Kirgisien, in Turkmenistan, in Usbekistan, in Tatarien, in den uigurischen Regionen, in Anatolien und in den Balkanländern mit traditionellen Festivitäten gefeiert.

Nevruz Feierlichkeiten in der Türkei und Mittelasien


Das Nevruz- Fest wird von den in Anatolien und Mittelasien lebenden Türken und den Iranern als Beginn eines neuen Jahres gefeiert. In Persisch bedeutet “Nev” neu und “Ruz” Tag. Nevruz bedeutet also “Neuer Tag”. Dieser Tag fällt alljährlich auf den Tag im Jahr, an dem Tag und Nacht gleich lang sind, auf den 22. März nach der modernen Zeitrechnung und auf den 9. März nach dem julianischen Kalender. Andere Namen für “Nevruz” sind: "Nevruz-ı Sultani", "Sultan Nevruz", "Sultan Navrız" oder "Mart Dokuzu" (9. März).

Auch wenn man den Ursprung des Nevruz- Festes heute den Persern zuschreibt, so ist doch aus dem historischen türkischen “Zwölf Tiere Kalender” ersichtlich, dass auch die Türken schon seit frühen Zeiten von diesem Fest wussten und es auch feierten.
Der Tag, der angeblich seinen Ursprung in der legendären Urheimat der Türken, in Ergenekon hat, wird bis zum heutigen Tag als eine Art Befreiungstag und gleichzeitig auch als Beginn eines neuen Jahres gefeiert.

Auch die in Mittelasien lebenden türkischstämmigen Völker wie Aserbaidschaner, Kasachen, Kirgisen, Turkmenen, Usbeken, Tataren und Uiguren sowie die Türken aus Anatolien und vom Balkan haben diese Tradition bis heute lebendig erhalten.

Kasachstan

Die Kasachen begehen diesen Festtag zunächst mit einem Seelenamt. Die Häuser werden gründlich geputzt und jeder trägt seine beste Kleidung. Während der Feiertagszeremonien werden Tongefäße an die Hauswand oder gegen verschiedene Gegenstände geworfen. Ebenfalls gehört der Sprung über ein Feuer dazu. Hierbei glaubt man an die reinigende Wirkung des Feuers, das die Menschen von Krankheiten und Bösem des Vorjahres befreit und ihnen einen gesunden Eintritt in das neue Jahr ermöglicht. Das Essen, was hinterher angeboten wird, nennen die Kasachen “Nevruz- köcö". Außerdem wird anlässlich der Feiertage eine "Nevruz- Suppe" oder ein "Nevruz- Brei" gekocht und an die Nachbarn verteilt.

Kirgisien

Die Kirgisen nennen den ersten Tag im neuen Jahr “Nooruz” und das traditionelle Essen zu diesem Anlass “Nooruz köcö”. Köcö ist eine Art Brotsuppe die mit Mais- oder Weizengrütze angereichert wird. Ein anderes Festtagsgericht ist “Auz köcö” (dickflüssiger Obstbrei) und “Kavut” (Gericht aus Röstweizen und Dörrbirnen). Das kirgisische Jahr beginnt am 21. März mit dem Nevruz- Festival.

Usbekistan

In den usbekischen Städten Samarkand, Buhoro und Andishan beginnen die Feierlichkeiten am Nevruz- Tag und dauern eine Woche. Das Volk nennt diese Vergnügungen "Seyil Eğlenceleri" (Jahrmarkt), denn auf verschiedenen Plätzen werden Karusselle aufgebaut und Musikanten, Schausteller und fliegende Händler beleben dieses Volksfest. Am ersten Feiertag gehen die Menschen von Zelt zu Zelt, um sich gegenseitig alles Gute zum Fest zu wünschen. Während dieser Besuche wird ein Reisgericht, welches “Aş” genannt wird, angeboten. Danach werden verschiedene Obstsorten und Tee gereicht. Gleichzeitig kann man sich sportliche Veranstaltungen, wie Ringen, Pferderennen und Hahnenkämpfe, sowie Theaterstücke, die das Nevruz- Fest zum Thema haben, ansehen.

Turkmenien

Die Turkmenen nennen ihren ersten Jahrestag “Novruz”. Fünf bis sechs Tage vor diesem Ereignis beginnt jede turkmenische Familie mit einem gründlichen Hausputz. Dann werden für diesen besonderen Tag verschiedene Gebäcksorten vorbereitet wie: Turkmenische Kringel, Pasteten, Kokosplätzchen und andere Spezialitäten, die sich in der Landessprache “Petiri", "Külce", "Şekşeke", "Buvursak" und "Palovo” nennen. Man glaubt, dass das neue Jahr umso besser verlaufen wird je mehr Essen man am Nevruz- Tag zubereitet. Ein weiteres traditionelles Gericht ist zum Beispiel das “Semeni”, eine Süßspeise, die aus Weizenextrakt, Mehl, Wasser und Zucker besteht. Einen Tag vor dem Fest tun sich mehrere Familien zusammen und beginnen, in großen Kesseln diesen Brei zu kochen, der rechtzeitig zum ersten Feiertag, am 21. März, fertig ist. Die durch ihre Schnitz- und Holzarbeiten bekannten, in der Türkei lebenden “Tahtacı Turkmenen” halten sich an die Bezeichnung “Neunter März” oder “Sultan Nevruz”. Gefeiert werden die Festtage am 22. und 23. März während des Umzuges der Turkmenen auf die Almen. Die Tahtacı- Turkmenen fassen Nevruz als ein Fest auf, an dem den Verstorbenen Speisen als Opfer angeboten werden. In dieser Tradition macht sich noch der alte türkische Ahnenkult bemerkbar.

Aserbaidschan

In Aserbaidschan dauern die Nevruz- Feierlichkeiten 3 Tage. Jedes Jahr zwischen dem 21. bis 23. März finden die Festtagszeremonien statt. Der zweitwichtigste Tag nach dem Nevruz- Tag ist für die Aserbaidschaner der letzte Mittwoch vor dem Fest. Darüber hinaus hat auch jeder einzelne Mittwoch innerhalb des Festmonats eine besondere Bedeutung. Das Volk nennt diese Tage “Üskü”.
Vor dem letzten Mittwoch des alten Jahres, also am Dienstag, gehen die Männer zum Friedhof, um für die Toten zu beten. Nach der Rückkehr der Männer begeben sich die Frauen mit vorbereiteten Süßspeisen und Reisgerichten zum Friedhof, wo zunächst aus dem Koran vorgelesen wird. Nach dem Totengebet wird das Essen an die Armen verteilt. Der gesamte Friedhofsbesuch dauert 1–2 Stunden.

Die Nacht von Dienstag auf den letzten Mittwoch des letzten Jahres wird “Ahir- Çerçenbe” genannt und ist verschiedenen Tätigkeiten und Zeremonien vorbehalten, an deren erster Stelle eine gründliche Säuberung des Hauses, Hausrates und der Einrichtung steht. Dann wird in einem Vorgang, den das Volk “Pülenberi” nennt, syrische Steppenraute verbrannt um damit das Haus auszuräuchern. Oft wird auch eine "Nacht der sieben Speisen" veranstaltet, die man “Yeddi- levin” nennt. Ein weiterer Brauch ist “Gapı pusma”, bei dem die jungen Aserbaidschaner von Tür zu Tür ziehen und daran horchen. Das erste Wort, was sie hören können wird als gutes oder schlechtes Omen für das kommende Jahr gewertet.

Ein beliebtes Spiel in der Nacht vor dem letzten Mittwoch ist das Ring-Spiel, bei dem eine große Schüssel mit Wasser in die Mitte des Zimmers gestellt wird. Die im Kreis herum sitzenden jungen Mädchen werfen ihre Ringe hinein und decken die Schüssel mit einem Tuch ab. Nun singt eines der Mädchen eine “Bayatı” genannte türkische Volksweise, während sie gleichzeitig nach einem der Ringe unter dem Tuch fischt. Wem der herausgefischte Ring gehört, ist als Nächster an der Reihe zu singen.

Festtagsbräuche an der Quelle:

Am nächsten Morgen vor Sonnenaufgang begibt man sich an eine Quelle und wäscht sich die Hände und das Gesicht. Die Mädchen verbinden zunächst ihre beiden Zeigefinger mit einem Faden und springen über das Wasser. Danach wird der Faden durchgeschnitten und ins Wasser geworfen. Dieser Vorgang soll den Mädchen den Weg zu Glück und Wohlstand öffnen. Die anderen Besucher sammeln inzwischen sieben Steine in der Nähe der Quelle und legen sie auf den Boden eines Wassergefäßes. Diese Steine müssen bis zum nächsten “Ahir- Çerşenbe”, also ein Jahr, in diesem Gefäß bleiben. Auch die drei Zweige eines Himbeerstrauches, die man auf der Rückkehr von der Quelle abpflückt, werden ein Jahr im Haus aufbewahrt.
Den Tag vor dem Nevruz- Tag nennen die Aserbaidschaner “Baca- Baca”. An diesem Tag werden den Kindern, die von Haus zu Haus ziehen, Hartgekochte, bunt gefärbte Eier geschenkt. Die Kinder singen dabei im Chor traditionelle Lieder
wie z.B.:

Nevruz, Nevruz bringt den Frühling
Rosen, Rosen, blühen überall
Wir wünschen uns Rosen in unseren Gärten
Rosen und Nachtigallen
Danach werden im Freien Spiele mit den Eiern veranstaltet.

Am Abend des “Baca- Baca” Tages werden große Scheiterhaufen angesteckt, über deren Feuer man springt. In der Nacht ist es Brauch, dass die Kinder in einer Satteltasche, die an langen Seilen befestigt ist, von ihren Verwandten und Bekannten in die Schornsteine der Häuser gehängt werden. Die Kinder lassen nun lange Tücher, die an ihren Hüften befestigt sind, weit herunterhängen und der Hausbesitzer bindet an das Ende des Schals ein passendes Geschenk für den Schalträger.

Nach der “Yeddi levin- gecesi” (Sieben-Speisen Nacht) wird mit einem dicken Seil an einem Baum eine Schaukel befestigt, die die jungen Mädchen und Jungen aus den Familien der Reihe nach benutzen dürfen. Derjenige der schaukelt, trägt dabei ein volkstümliches Gedicht nach einem bestimmten Reimschema vor, auf das die anderen Jugendlichen im Chor antworten. Dieser Brauch wird in der Landessprache “Küfdibi” oder “Küfyeli” genannt.
Am ersten Feiertag versammeln sich Frauen und Männer getrennt, um sich gegenseitig zum Fest zu beglückwünschen. Man besucht gemeinsam die Häuser der in diesem Jahr Verstorbenen, jedoch ist Trauer nicht erwünscht und wird sogar als Vergehen gewertet. Lebensmittel wie Zucker, Reis und Eier werden der Reihe nach an die Armen verteilt. Besonders wichtig ist es, bei diesen Besuchen, gute Freunde und Kranke nicht zu übergehen.

Weitere Namen für das Nevruz- Fest sind “Navrez” oder “Tageswende” bei den Krimtürken und “Mevris” bei den Türken in Westthrazien. Die Türken in Mazedonien und im Kosovo benutzen den Namen “Sultan- Navrız”

Türkei
Auch in Anatolien trägt das Nevruz- Fest verschiedene Namen, wie z. B.: “Sultan-ı Nevruz”, "Nevruz Sultan", “Mart Dokuzu" (Neunter März) oder “Mart Bozumu" (März-Lese). Das Fest hat mit all seinen alten Traditionen und Bräuchen einen festen Platz in der türkischen Gesellschaft.
Die durch ihre Schnitz- und Holzarbeiten bekannten, in der Türkei lebenden “Tahtacı Turkmenen” halten sich an die Bezeichnung “Mart Dokuzu” oder “Sultan Nevruz”. Gefeiert werden die Festtage am 22. und 23. März während des Umzuges der Turkmenen auf die Almen. Die Tahtacı- Turkmenen fassen Nevruz als ein Fest auf, an dem den Verstorbenen Speisen als Opfer dargeboten werden.
In dieser Tradition macht sich noch der alte türkische Ahnenkult bemerkbar.
Der 22. März vergeht mit den Vorbereitungen für das Fest am nächsten Tag. Wäsche wird gewaschen und es wird vorgekocht. Zu den traditionellen Nevruz- Speisen gehören u. a. Spinatpastete (Ispanklı Börek), mit Zwiebelschalen gefärbte Eier, Teigfladen (Yufka), mit Nüssen gefüllte Blätterteigteilchen (Sarı- burma), Bonbons, geröstete Kichererbsen (Leblebi) und Süßigkeiten aus Zuckergelee (Lokum). Gegenseitige Besuche bei guten Freunden und nahen Verwandten sind an der Tagesordnung.

Am Morgen des 23. März wird früh aufgestanden. Man zieht neue oder Frischgewaschene Kleidung an und begibt sich mit den am Tage zuvor vorbereiteten Speisen zum Friedhof. Auf den Feuerstellen an den Gräbern wird Kaffee gekocht und man unterhält sich. Man besucht gegenseitig die Gräber der Nachbarn und trinkt dort einen Kaffee oder Tee. Später isst man gemeinsam, musiziert und singt. An den Bäumen werden Schaukeln angebracht und die Kinder lassen Drachen steigen, die hier den Namen “Bayrak” tragen. Am Nachmittag füllen die Frauen einen großen Teller mit Nüssen und Knabbereien, die den Vorübergehenden angeboten werden mit dem Wunsch, dass die Seele des Verstorbenen davon berührt sein möge. Danach verlassen alle Familienmitglieder die Grabstätte, nachdem sie vorher zum Abschied den Grabstein geküsst haben.
Den Abend und die darauf folgende Nacht verbringt man im Kreise seiner Nachbarn und Verwandten mit Unterhaltung bei Essen und Trinken. Glück und Zufriedenheit ist den Gesichtern während der Feiertage abzulesen. Alte Vergehen werden vergeben. Jeder nimmt an diesen Festlichkeiten teil. Wer nicht mitmacht, wird von der Dorfgemeinschaft ausgeschlossen.

Unter den turkmenischen Nomaden glaubt man, dass mit dem Nevruzfest der Winter endlich sein Ende gefunden hat und nun der Frühling beginnt. In den Dörfern und auf den Almen feiert man am 22. März, in den Städten jedoch am darauf folgenden Sonntag, wenn der 22. März nicht gerade selbst auf einen Sonntag fällt. Die Dörfler machen sich am Morgen des 22. März auf den Weg zu den Almen, wo sie bei Bekannten und Verwandten, die sich mit ihren Ziegen schon hier niedergelassen haben, einkehren. Wenn die Alm- und die Dorfgruppe aufeinander treffen, feuert jede einen Gewehrschuss in die Luft und ruft sich den Festtagsgruß zu: “Möge Euer Nevruzfest glücklich und Eure Nachkommenschaft gesegnet und fruchtbar sein.” "Nevruzunuz kutlu. Dölünüz hayır ve bereketli olsun." Die Besucher lassen sich in den Nomadenzelten der Almbewohner nieder, welche den Dörflern nun verschiedene Dinge anbieten. Diejenigen, die eine eigene Viehherde besitzen, haben schon vorher ein Opfertier geschlachtet, dessen Fleisch nun gemeinsam verzehrt wird. Bei den sunnitischen Nomaden beteiligt sich auch das Volk an den Gebeten des Geistlichen, des “Imam”. Gemeinsam bedankt man sich für alle Wohltaten. Danach werden von den Jugendlichen verschiedene Spiele organisiert, man isst gemeinsam und singt miteinander Volkslieder. Die Unterhaltung dauert bis spät in die Nacht hinein.

Diejenigen die sich dem Alev-i Bektaşi– Glauben verbunden fühlen verbinden mit dem Nevruztag den Geburtstag des heiligen Ali, den Hochzeitstag des heiligen Ali mit der heiligen Fatma, das Ende des Winters und den Beginn des Frühlings, an dem nun der Auftrieb auf die Almen beginnt.
Nachdem das Ordensoberhaupt am Nevruzmorgen das Gebet gesprochen hat, wird zunächst Milch getrunken. Gedichte, die den Namen “Nevruziye” tragen, werden aufgesagt, sowie Lieder über die Philosophie des Bektaşi- Ordens vorgetragen. Eine Seelenmesse zu Ehren des heiligen Ali wird gelesen. Angeboten werden Bonbons, Säfte und andere Getränke.

In der Stadt Gaziantep und Umgebung wird am 22. März der “Sultan Navrız” gefeiert. Nach dem Volksglauben ist “Sultan Navrız” ein schönes Mädchen, das in der Nacht vom 21. auf den 22. März zu einer unbestimmten Stunde am Himmel sichtbar wird, wenn es mit seinen klirrenden Fußreifen und einem Stickrahmen in der Hand vom Westen zum Osten zieht. Einer anderen Legende zufolge ist “Sultan Navrız” ein Erleuchteter, der in einem Vogelkostüm mit klirrenden Fußreifen am Himmel fliegt. Wer in der Nevruz Nacht zu der Stunde, an dem Sultan Navrız vorbeifliegt, wach sein sollte, kann sich etwas wünschen, was sich dann später bestimmt erfüllen wird.

Aus diesem Grund werden alle Schüsseln und Gefäße im Hause mit Wasser gefüllt. Im Innenhof des Hauses wird bei Mondschein ein mit Wasser gefüllter Trog aufgestellt. Die ganze Nacht wird gebetet und wenn sich die Bitten erfüllen sollten, wird sich das Wasser in den Trögen in Gold verwandeln. Am nächsten Morgen begibt sich das Volk ins Grüne und in die Felder um dort zu essen und sich mit verschiedenen Spielen zu amüsieren. Zu den traditionellen Speisen gehören rohe Gehacktes Bällchen "Çiğ Köfte", Reissuppe "Sareli pirinc aşı", Eier "Yumurta" und ein Salat aus gekochten Bohnen "Maş piyazı".
In Diyarbakır feiert man das Nevruzfest ebenfalls, indem man Ausflugsorte im Grünen aufsucht um sich dort zu vergnügen.

Für die ostanatolische Bevölkerung hat das Nevruzfest einen religiösen Charakter. Man glaubt, dass in dieser Nacht alle Geschöpfe der Erde sich im Gebet vor Gott verneigen. An diesem Tag wird für jeden einzelnen sein Schicksal, das ihm in diesem Jahr zuteil werden soll, entschieden. Jeder kleidet sich sorgfältig an um das neue Jahr in neuen oder sauberen Kleidern zu begrüßen. Besondere Speisen werden gekocht, Armen wird geholfen und man stattet sich gegenseitig Besuche ab. In der Nacht vom 16. auf den 17. März sammelt das Familienoberhaupt so viele kleine Steine, wie die Familie Mitglieder hat und verteilt sie um den Schornstein des Hauses herum. Dabei merkt er sich, welcher Stein für welches Familienmitglied steht. Wer am Morgen des Nevruz- Tages unter seinem Stein einen roten Käfer findet, wird im kommenden Jahr viel Glück haben. Aufgrund dieses glücklichen Familienmitgliedes glaubt die Familie nun das Wohlwollen Gottes auf sich gezogen zu haben.

Ein anderer Brauch in verschiedenen Regionen Anatoliens ist es, den ersten Mittwoch des Monats März als “schwarzen Mittwoch” zu feiern. An diesem Tag werden Feierlichkeiten veranstaltet und besondere Speisen vorbereitet, die miteinander gegessen werden. Auch die Sitte des an der Tür Lauschens, wobei man eine Antwort auf seinen geheimen Wunsch erhofft, ist hier besonders unter jungen Leuten sehr verbreitet. Auch den Brauch, ohne ein einziges Wort zu sprechen, das Butterfass so lange zu schütteln, bis dass sich Molke und Butter voneinander getrennt haben, treffen wir in dieser Region oft an.
In der Umgebung von Kars wird sowohl der Brauch des Türlauschens als auch die “Baca- Baca” Sitte gepflegt. Den von Haus zu Haus wandernden Kindern wird meistens Obst gegeben.

In den Gebieten um Tunceli schmieren sich die Männer am Festtagsmorgen schwarze Farbe auf die Stirn, bevor sie zu den Quellen gehen. Dort säubern sie ihre Stirn, während sie Gebete verrichten und um etwas bitten. Es gibt auch noch etliche andere Riten, die alle den Sinn haben, sich symbolisch von Schlechtigkeit und Sorgen zu befreien.

Innerhalb der Riten zum “Schwarzen Mittwoch”, ist das Steinlegen besonders beliebt. An den Rändern des Schornsteines werden Steine, die jeweils für ein Familienmitglied stehen, aufgereiht. Morgens werden die Steine, die die ganze Nacht dort gelegen haben, kontrolliert. Unter welchem Stein sich ein roter Käfer befindet, dessen Besitzer wird ein besonderer Einfluss auf das Schicksal der ganzen Familie zugeschrieben.

Ein Brauch nennt sich “Baumwollnadel”. Hier nehmen zwei Dorfmädchen zunächst die vorgeschriebenen rituellen Waschungen vor, bevor sie sich mit einer verzinnte Essschüssel auf den Weg zu einem vereisten Gewässer machen. Das Eis wird zerbrochen und die Schüssel ins Wasser getaucht. Nachdem die 112. Sure des Korans sieben Mal gebetet worden ist, ziehen die Mädchen die Schüssel wieder aus dem Wasser.

Beim Essen des traditionellen Gebäcks “Tuzluk gılik” äußern sich junge Mädchen und Männer zu ihrem zukünftigen Ehepartner. Auch dies ist ein Brauch der Mittwochabende.

Besonders in Mittelanatolien spricht man nicht von Nevruz sondern vom “Mart Dokuzu”, der allerdings am 22. März gefeiert wird. Wie auch in den anderen Gebieten, steht man morgens früh auf, besucht die Verstorbenen auf dem Friedhof und denkt dabei an etwas Bestimmtes. Nun nimmt man von jedem Grab einen Stein, bis dass man 40 Steine beisammen hat. Man füllt sie in einen Beutel und hängt sie zu Hause an einem Platz auf, wo sie ein Jahr hängen bleiben. Man glaubt, wenn das was man gedacht hat in Erfüllung geht, sind Ende des Jahres 41 Steine in dem Beutel. Sind die Wünsche Ende des Jahres in Erfüllung gegangen oder nicht, müssen die Steine am nächsten “Mart Dokuzu” wieder zurückgelegt werden.

Nach den Besuchen wird gemeinsam gegessen und gespielt. Man wünscht sich insgeheim etwas, nimmt an Veranstaltungen teil und sieht bei dem Entzünden der großen Feuer zu. In der Nacht vom 21. März auf den 22. März vertreibt man sich die Zeit mit dem Spielen von kleinen Theaterstücken und Gesprächen, die bis zum Morgen dauern.

Ein weiterer Nevruz- Brauch, der oft in Anatolien zu beobachten ist, ist der, an die Bäume Stoffstücke zu binden, was angeblich verhindern soll, dass diese im kommenden Jahr durch zuviel Sonneneinfluss austrocknen. Diesen Brauch nennt man “Mart ipliği" (Märzfaden). Die Sitte der “Mart bozumu" (März-Aufhebung) wird vorwiegend in Giresun praktiziert. Hierbei werden die Häuser mit Wasser, das man aus fließenden Gewässern in der Nähe herbeigebracht hat, bespritzt. Betritt ein Glück bringender Besucher das Haus, so erwartet man von ihm den Spruch “ Mart'ınızı bozuyorum" (Ich hebe euren März auf).
In Tekirdağı freut man sich, dass am Nevruztag die Kälte des Winters ein Ende gefunden hat und nun der Frühling beginnt und feiert aus diesem Grund ein Volksfest, das den Namen “Nevruz- Şenlikleri" (…Volkstag) trägt.

In Edirne begibt man sich am Nevruz- Tag zu Ausflugs- und Picknickorten im Grünen. Altes Stroh wird verbrannt und die Menschen springen über die lodernden Flammen. Auch in Kırklareli wird das Nevruz- Fest ähnlich gefeiert. Besondere Speisen werden gekocht und bei Ausflügen ins Grüne verzehrt. Das Fest trägt hier den Namen “Mart Dokuzu" (Neunter März).

In dem Ort Urla, in der Nähe von Izmir, laufen die Feierlichkeiten unter dem Namen “Mart Dokuzu Şenlikleri" (…Volkstag), während man in Tire das “Sultan Nevruz Bayramı" (…Fest) feiert.

Auch in Uşak sind Nevruz Festlichkeiten weit verbreitet. Hier sagt man, dass sich damit das Jahr erneuert habe.
In Sivas glaubt man daran, dass, wenn am 9. März ein starkes Gewitter stattfindet, dieses Jahr besonders reich und fruchtbar werden wird.
In Şebinkarahisar behauptet man, dass derjenige der am Morgen des 22. März in einem fließenden Gewässer badet, besonders stark und gesund werden wird.

Wie wir inzwischen wissen, begann in alten Zeiten das Kalenderjahr mit dem Monat März. Früher glaubte man, dass die ersten zwölf Tage jeweils einen Monat darstellten und zog so vom Verlauf des ersten Tages einen Schluss auf das, was sich im kommenden Jahr alles ereignen werde. Ferner war es Brauch, dass sieben Paare während dieser Zeit nur Speisen zu sich nehmen durften, deren Namen mit dem Anfangsbuchstaben “S” begannen.
Auch die osmanischen Herrscher maßen dem Nevruz eine besondere Bedeutung bei. Am Nevruz- Tag wurde dem Herrscher eine Abfassung vorgelegt, die man “Nevruziye” nannte. Danach präsentierte der Hofastronom dem Herrscher den neuen Jahreskalender und erhielt dafür ein Taschengeld, das “Nevruziye Bahşişi” genannt wurde. Aus verschiedenen Kräutern und Gewürzen hergestellte essbare Pasten, die man “Nevruziye” nannte, wurden dem Sultan und seiner Familie von den Palastärzten offeriert. Diese speziell für diesen Tag hergestellten Pasten wurden in Porzellanschalen mit Deckeln aufbewahrt. Versehen waren sie mit einer Anweisung des Hofastronomen, zu welcher Zeit an welchem Tag die Paste verzehrt werden müsse.
Während früher diese bestimmten Pasten nur Kranken und Armen geschenkt wurden, wurden sie später aufgrund der großen Nachfrage von allen Volksgruppen in größerem Umfang hergestellt. Die Paste, die heute unter dem Namen “Mesir- Paste” bekannt ist, hat ihren Ursprung in dem Rezept der Nevruz- Paste und wird auch zum gleichen Zweck benutzt, nämlich zur Stärkung und zur Gesundheitsförderung.

Obwohl in jeder Region anders gefeiert, hat das Nevruz- Fest sowohl bei den türkischen Völkern in Mittelasien, als auch im Iran, Anatolien und auf dem Balkan Tradition und wird fast zeitgleich überall zelebriert.

Die Nevruz- Feierlichkeiten im Iran dauern dreizehn Tage und gründen auf einer Legende in deren Mittelpunkt Cemşid, der sagenhafte persische König aus der Pischdadian- Dynastie steht, der angeblich das Feuer entdeckt hat. Ferner glaubt man, dass Gott am Nevruz- Tag Adam, den ersten Menschen erschaffen hat und die Sterne sich auch zu dieser Stunde zu ihren verschiedenen Tierkreiszeichen formiert haben.

1 -
Aserbaidschan, 21. März, Nevruz- Fest (Offizieller Feiertag)
2 - Kasachstan, 21. März, Nevruz- Fest (Offizieller Feiertag)
3 - Kirgisien, 21. März, Nevruz- Fest (Offizieller Feiertag)
4- Usbekistan, 21. März, Nevruz- Fest (Offizieller Feiertag)
5 - Turkmenien, 21. März, Nevruz- Fest (Offizieller Feiertag)
6 - Türkei, 21. März, Nevruz- Fest
7 - Nordzypriotische Türkische Republik, 21. März, Nevruz- Fest.

ın einem Telegramm, das der damalige aserbaidschanische Regierungspräsident Neriman Nerimanof, Mustafa Kemal Atatürk anlässlich des Nevruz- Festes am 24. März 1921 schickte, heißt es:

“Der Kommissar vom südlichen Kaukasus und die Studenten der freien Militärschule Aserbaidschan, wünschen den zwei Kompanien des türkischen Reiter- und Schützenregiments und dem türkischen Volk zum Nevruz- Fest alles Gute und hoffen, dass es der aserbaidschanischen Revolutions-Armee gemeinsam mit dem heldenhaften türkischen Militär in Kürze gelingen wird, die östlichen Völker vom westlichen Imperialismus zu befreien. Es lebe der Führer der Revolution des Orients, Mustafa Kemal!”

Feiertage der Tierzüchter und Tierhüter


In Anatolien werden die Schafe zwischen dem 1. Oktober und dem 20. November gedeckt. Ein bis zwei Monate vor diesem Datum werden die Schafsböcke von der Milchgebenden Herde isoliert. Fast überall wird an dem ersten Tag, an dem die Schafsdeckung beginnt, ein Fest veranstaltet. Die Bevölkerung trifft sich dazu auf dem Dorf- oder Dreschplatz zu Pauken- und Oboeklängen. Die Hirten lassen nun die geschmückten und mit Henna gefärbtem Fell verzierten Schafsböcke in die Herde der weiblichen Schafe. In manchen Gegenden wird dieser Vorgang mit Gebeten der "Hoca" (religiöser Lehrer) begleitet.
In manchen Traditionen haben Glauben und Aberglauben bei der Deckung der Schafe einen ganz besonderen Wert. Zum Beispiel glaubt man, wenn man dem Bock vor der Befruchtung der weiblichen Tiere einen kleinen Jungen auf den Rücken setzt, dass männliche Lämmer gezeugt werden; setzt man ein kleines Mädchen auf den Bocksrücken, werden weibliche Lämmer geboren. Ebenso verbreitet ist der Glaube, dass es männliche oder weibliche Lämmer geben wird, je nachdem welchen Personen der Schafsbock vorher auf der Straße begegnet ist, einem Mann oder einer Frau. Wählt der Bock aus der Herde zuerst ein weibliches schwarzes Schaf zur Begattung aus, so wird es einen milden Winter geben; wählt er jedoch ein weißes wird der Winter sehr hart werden. Jedoch diese Meinung teilt man in anderen Gegenden wiederum genau im Gegenteil. Ein geschecktes Schaf ist ein Vorbote für einen mittelharten Winter.

Nach der Begattung der Tiere muss der Hirte an sich die rituellen islamischen Waschungen vornehmen, denn wenn er das nicht tut und sich ungewaschen zwischen den Herdentieren bewegt, besteht die Gefahr, dass die kleinen Lämmer missgestaltet geboren werden. Auch sollte man sich nicht mit einem leeren Gefäβ zwischen die Tiere begeben, denn dann werden die befruchteten Schafe nicht viel Milch nach der Geburt haben.

Das Saya - Fest


100 Tage nachdem die Schafe befruchtet worden sind, feiert man das "Saya" Fest, das auch "Koyun Yüzü" oder "Duvar yüzü" genannt wird. Nach dem 100. Tag der insgesamt 150 Tage dauernden Schwangerschaft der Schafe beginnt sich das Lämmchen im Mutterleib zu bewegen, und zum gleichen Zeitpunkt fängt sein Fell langsam an zu wachsen. Die Feierlichkeiten zu diesem Anlass sind lebendiger und lustiger als die 100 Tage zuvor begangenen zum Anlass der Schafsdeckung. Abends finden Veranstaltungen statt, von denen einige hier genannt werden sollen:

1 - Die Hirten ziehen mit einer Gruppe verkleideter Kinder und Jugendlichen von Tür zu Tür und sagen witzige Reime auf, die man "Sayacı Sözleri" nennt. Dafür bekommen sie Lebensmittel und Geld geschenkt.

2 - In manchen Gegenden werden vor der Haustür kleine Laienspiele aufgeführt. Eines davon ist z.B. der Sketch "Der Alte und der Schwarze". Diese zwei Personen streiten sich, wobei der Alte schließlich zu Boden sinkt und angeblich stirbt. Indem man ihm etwas zum Essen in den Mund steckt, erweckt man den angeblich Toten jedoch wieder zum Leben.

3 - Nachdem man jedem Haus seine Aufwartung gemacht und genug Lebensmittel zusammen bekommen hat, kocht man damit ein Essen, welches später gemeinsam verzehrt wird. Bis zum frühen Morgen unterhält man sich mit Gesang und Gesprächen.

Sitten und Gebräuche bei der Geburt der Lämmer

Die letzten der Hirtenfeste, die sich über 5 Monate hin verteilen, sind die Feste, die 50 Tage nach dem "Saya - Fest", zur Geburt der kleinen Lämmer stattfinden. Es gibt traditionelle Sitten und Gebräuche, die dieses Ereignis begleiten, die jedoch nicht den Charakter eines Volksfestes haben.

In Malatya, Kars, Erzincan und Umgebung ist es üblich, dass die Hirten nach der Geburt der Lämmer zu den Häusern der Herdenbesitzer gehen und dort Geschenke sammeln. Der Hirte, der die ersten neugeborenen Lämmer ins Dorf bringt, wird mit einem Taschengeld belohnt. In manchen Gegenden lässt der Hirte seine Herde, wenn die Geburtsstunde naht, in der Nähe des Dorfes weiden. Sobald die Schafe geworfen haben, wird den Herdenbesitzern eine Nachricht geschickt, woraufhin diese sich sofort auf den Weg machen, um den Hirten getrocknete Früchte und Nüsse zu bringen. Diese Gabe nennt man "Dölcek". Haben sich mit Ansteigen der Lämmergeburten auch die Gaben vermehrt, verteilt der Hirte sie abends, wenn er nach Hause geht, an die Kinder.
Es gibt auch einige Aberglauben und Verbote bezüglich der Geburten; So z.B. behauptet man in einigen Gegenden, dass es nicht gut sei, wenn man an dem entsprechenden Tag den Nachbarn Salz oder Feuer geben würde. Zwei Monate vor der Geburt sollte man beginnen, den Nachbarn weder Hefe, Salz, Feuer oder Wollkämme zu geben, da das Unglück bringen und den Tieren Schaden zufügen könne.

Nationale Feiertage
 

Die nationalen Feiertage, wie das Siegesfest am 30. August, der Republikstag und der Befreiungstag werden in den Städten und den kleineren Orten mit Militärparaden und Fackelzügen gefeiert. Weiterer Bestandteil der Festzüge sind die in Originaltracht gekleideten Männer des alten türkischen Stammes der "Zeybek" (Angehörige eines alttürkischen Stammes aus der Umgebung von Izmir). Eine besondere Bedeutung haben diese Feiertage auch für die Arbeiter und Händler, die nach dem offiziellen Teil auf den öffentlichen Plätzen der Stadtverwaltung ihre eigenen Veranstaltungen haben und sich bis spät in die Nacht hinein bei Pauken- und Oboeklängen vergnügen. Jede anatolische Stadt hat ihre eigenen Volkstänze, die von Tänzen der Gastgruppen aus den großen Städten wie Ankara oder Istanbul abgelöst werden. Die Volkstanzfeste sind eine Form der Unterhaltung bei den nationalen Feiertagen. Eine andere Form sind Ringkämpfe oder andere sportliche Wettkämpfe, die nach dem offiziellen Teil der Feierlichkeiten auf den Wiesen der Umgebung stattfinden.
In den vergangenen Jahren hat es sich eingebürgert, dass sich die politischen Parteien ebenfalls aktiv an den nationalen Feierlichkeiten beteiligen und mit ihren dargebotenen Vergnügungen in den Konkurrenzkampf mit den anderen Parteien treten. So haben auch die Traditionen der nationalen Feiertage in der letzten Zeit eine Veränderung erfahren.

Festspiele und Volksfeste

Um die reiche Kultur Anatoliens überall bekannt zu machen und sie lebendig zu erhalten, werden in allen Provinzen, Kreisen und sogar Dörfern Regionalbezogene traditionelle Volksfeste veranstaltet. Zum gleichen Zweck werden auch in verschiedenen Orten internationale Festspiele organisiert.
Diese kulturellen Feste dienen natürlich in erster Linie dazu, das Zusammengehörigkeitsgefühl der Bevölkerung zu stärken. Auf der anderen Seite soll damit auch der Kulturreichtum der betreffenden Region demonstriert werden.
 
Neben den Festen, deren Ziel es ist, ein landwirtschaftliches Produkt der Gegend bekannt zu machen, wie z.B. bei dem Aprikosen-Fest in Malatya, dem Kilim- Fest in Eşme, dem Kirschen-Fest in Aksu usw., gibt es auch viele andere Volksfeste in Anatolien, die ausschließlich ein Bekannt machen des dortigen Kulturgutes zum Zweck haben, z.B. das internationale Kultur- und Kunst-Festspiel zum Andenken an "Hacı Bektaş Veli" (Festivitäten zu Ehren des Mystikers Hacı Bektaş Veli) oder das "Abdal Musa Festival" (Gedenkfeier und Fest zu Ehren des Derwisch Abdal Musa) und das "Kadırga Festival" (Galeerenfest)
Natürlich ist auch ein wichtiger Aspekt dieser Volksfeste, dass die Menschen zusammenkommen und sich gemeinsam vergnügen. Zum Beispiel ist das "Şavşat Sahra Pancarı Festival" (Zuckerrübenfeld Festival in Şavşat), das alljährlich zur Zuckerrübenernte zwischen dem 16. und dem 18. Juli in der Schwarzmeerregion veranstaltet wird und vorzugsweise von Frauen besucht wird, eine der glanzvollsten Vergnügungen der Gegend.

Einen großen Teil der Volksfeste nehmen die Wettbewerbe während der Veranstaltungstage ein. Um für ihr Produkt den ersten Preis zu bekommen, haben sich die Bewohner der Region jahrelang angestrengt und tragen auf diese Art und Weise natürlich auch zu einer Entwicklung ihrer Heimat bei. Sinn der Wettbewerbe ist daher auch bei den Produkten, die hier bekannt gemacht werden sollen, zu einer höchsten Qualitätsstufe zu kommen.

Viele traditionelle Feste haben sich jedoch in der Zwischenzeit von ihrem ursprünglichem Sinn und Ziel weit entfernt und sind dafür aber ein Hauptbestandteil des Kulturtourismus geworden.

Eines haben jedoch alle Volksfeste und Festspiele noch gemeinsam: In der Gesellschaft das Bewusstsein für gemeinsames Handeln zu stärken und sowohl gedanklich als auch praktisch eine Gemeinschaft zu bilden.

Namen, Daten und Orte einiger der bekanntesten Festspiele und Volksfeste in der Türkei:

Name: "Amasya Atatürk Kültür ve Sanat Şöleni" (Amasya Atatürk Kultur- und Kunstfestspiel)
Veranstaltungsort: Amasya
Veranstaltungsdatum: 12. bis 19. Juni

Name: "Altın Portakal Festivalı" (Filmfestspiel Goldene Orange)
Veranstaltungsort: Antalya
Veranstaltungsdatum:16-23 september

Name: "Aluçdağ Festivalı" (Festival von Aluç Berg)
Veranstaltungsort: Çamlıdere
Veranstaltungsdatum: 6. Juli

Name: "Alanya Turizm Şenliği" (Tourismusfest in Alanya)
Veranstaltungsort: Alanya
Veranstaltungsdatum: 4. bis 9. Juni

Name: "Altın Fındık Şenliği" (Goldenes Haselnussfest)
Veranstaltungsort: Ordu
Veranstaltungsdatum: 19. bis 22. September

Name: "Aksu Kültür ve Sanat Şenlikleri" (Aksu Kultur- und Kunstfestspiel)
Veranstaltungsort: Giresun
Veranstaltungsdatum: 20. April bis 3. Mai

Name: "Akşehir Nasreddin Hoca Şenlikleri" (Volksfest in Akşehir in Gedenken an den Schelm Nasreddin Hoca)
Veranstaltungsort: Akşehir
Veranstaltungsdatum: 5. bis 10. Juli

Name:
"Ahi – Evran Sanat Folk. Festivali" (Ahi – Evran Kunst- und Folklorefestspiel)
Veranstaltungsort: Kırşehir
Veranstaltungsdatum: 5. bis 8. September

Name: "Noel Baba Festivalı" (Fest des heiligen Nikolaus)
Veranstaltungsort: Kaş - Demre
Veranstaltungsdatum: 24. Dezember

Name: "Çini Festivali" (Keramikfestspiel)
Veranstaltungsort: Kütahya
Veranstaltungsdatum: 12. bis 15. Juli

Name: "Çanakkale Tahta At Çocuk Şenlikleri" (Das Çanakkale Holzpferd- Kinderfest)
Veranstaltungsort: Çanakkale
Veranstaltungsdatum: Juni

Name: "Ertuğrul Gazi Festivali" (Ertuğrul Festspiel der Frontkämpfer)
Veranstaltungsort: Söğüt
Veranstaltungsdatum: Erste Woche im September

Name: "Eğridir Altın Elma, Gümüş, Bronz" (Goldenes, silbernes, bronzenes Eğridir- Apfelfest)
Veranstaltungsort: Isparta - Eğridir
Veranstaltungsdatum: 2. bis 7. September

Name: "Istakoz Şenlikleri"( Hummerfest)
Veranstaltungsort:
Veranstaltungsdatum:

Name: "Fıstık Festivali" (Pistazienfest)
Veranstaltungsort: Gaziantep
Veranstaltungsdatum: 25. Dezember

Name: "Foça Müzik ve Folklor Şenlik" (Musik- und Folklorefestspiel in Foça)
Veranstaltungsort: Izmir
Veranstaltungsdatum: 20. bis 23. August

Name:
"Geleneksel Mesir Şenlikleri" (Traditionelle Mesirfeste)
Veranstaltungsort: Manisa
Veranstaltungsdatum: 20. bis 30. Juni

Name: "Halı ve Gül Festivali" (Teppich- und Rosenfest)
Veranstaltungsort: Isparta
Veranstaltungsdatum: 1. bis 7. Juni

Name: "Hacı Bektaş Veli Şenlikleri" (Festivitäten zu Ehren des Mystikers Hacı Bektaş Veli)
Veranstaltungsort: Hacıbektaş
Veranstaltungsdatum: 13. bis 18. Juli

Name: "Hatay’ın Anavatana Katılma Şenlikleri" (Heimatfest in Hatay)
Veranstaltungsort: Hatay
Veranstaltungsdatum: 5. bis 7. Juli

Name: "Kadırga Şenlikleri" (Galeerenfest)
Veranstaltungsort: Trabzon
Veranstaltungsdatum:

Name: "Kafgasör Şenlikleri".
Veranstaltungsort: Artvin
Veranstaltungsdatum: Juni

Name: "Kayısı Festivali" (Aprikosenfest)
Veranstaltungsort: Malatya
Veranstaltungsdatum: 20. bis 22. Juli

Name:
"Karpuz Festivali" (Melonenfest)
Veranstaltungsort: Diyarbakır
Veranstaltungsdatum: 22. bis 24. September

Name: "Kırkpınar Güreşleri" (Ringkämpfe von Kırkpınar)
Veranstaltungsort: Edirne
Veranstaltungsdatum: Zweite Woche im Juni

Name: "Karacaoğlan Festival" (Fest zum Gedenken des Volksdichters Karacaoğlan)
Veranstaltungsort: Muş
Veranstaltungsdatum: 10. bis 12. Juni

Name: "Pamukkale Festivali" (Pamukkale Festspiel)
Veranstaltungsort: Denizli
Veranstaltungsdatum: 3. bis 5. Juni

Name: "Selçuk Efes Kültür ve Sanat Festivali" (Kultur- und Kunstfestspiel in Selçuk, Efes)
Veranstaltungsort: Izmir
Veranstaltungsdatum: 1. bis 8. Mai

Name: "Seyit Battalgazi Şenlikleri" (Seyit Battalgazi Fest)
Veranstaltungsort: Eskişehir
Veranstaltungsdatum: 12. bis 17. Mai

Name: "Turizm ve Sanat Şenlikleri" (Fest für Tourismus und Kunst)
Veranstaltungsort: Marmaris
Veranstaltungsdatum: 9. bis 17. Juni

Name: "Uluslar arası Silifke Müzik ve Folklor Festivali" (Internationales Musik- und Folklorefestspiel in Silifke)
Veranstaltungsort: Mersin
Veranstaltungsdatum: 15. September bis 5. Oktober
 
Name: "Uluslararası Marmara Müsik ve Folklor Festivali" (Internationales Marmara Musik- und Folklorefestspiel)
Veranstaltungsort: Istanbul
Veranstaltungsdatum: 2. bis 7. Juni

Name: "3. Hitit Festivali" (3. Hethitische Festspiele)
Veranstaltungsort: Çorum – Sungurlu, Alacahöyük - Boğazkale
Veranstaltungsdatum: 18. bis 25 September

Name:
"Van Kültür ve Turizm Festivali" (Kultur und Tourismusfestspiele in Van)
Veranstaltungsort: Van
Veranstaltungsdatum: 16. bis 20. Juli

Name: "Yunus Emre Şenliği" (Fest zur Ehre des Mystikers Yunus Emre)
Veranstaltungsort: Eskişehir
Veranstaltungsdatum: 6. bis 9. Mai

Name: "Abdal Musa Anma Törenleri ve Şenlikleri" (Gedenkfeier und Fest zu Ehren von Derwisch Abdal Musa)
Veranstaltungsort: Antalya
Veranstaltungsdatum: 9. bis 10. Juni

Zeremonien und Feiern
 

Jahreszeitenfeste und Volksfeste aus dem landwirtschaftlichen Kalender

Die verschiedenen Arten der Feldbestellung und Weiterverarbeitung der landwirtschaftlichen Produkte, wie z.B. das Pflügen, das Säen, die Ernte oder das Dreschen, sind unter den Bauern jeweils Anlass zu kleinen Festen, die jedoch nicht den Charakter eines großen Feiertages haben. Nicht nur die Landwirte, sondern auch die Wein-, Obst- und Gemüsebauern haben ihre eigenen Feste, bei denen sich das Volk vergnügt. So gibt es alljährlich in der Stadt Kemalpaşa bei Izmir das Kirschenfest, in Giresun das Haselnussfest und in Mut das Aprikosenfest.

Diese Feste, die zu früheren Erntezeiten ein Höhepunkt für die Bevölkerung waren, sind mit der Zeit in Vergessenheit geraten und nur Wenige pflegen diese schöne Sitte noch. In den letzten Jahren jedoch hat man sich wieder auf die alten Volksfeste besonnen und ihnen in vielen Regionen zu neuem Leben verholfen.

In die oben erwähnte Kategorie der Feste gehören z. B. auch das “Rübenfest” von Şavşat, in der Nähe von Artvin, oder das Vergnügungsfest in den Dörfern um Pasaf, das drei Tage dauert. Das ebenfalls drei Tage währende Fest in Giresun, das die Wanderung der Pferde in ihre Weidegebiete zum Anlass nimmt, ist ebenfalls ein treffendes Beispiel. Sinn dieser Feste ist immer, den Teil der Bevölkerung, der mit den Tieren auf die Almen gezogen ist mit dem Teil der Dörfler, die zurückbleiben um die Felder oder Gärten zu bestellen, zusammenzubringen. So ziehen dann die Dörfler auf die Almen, vergnügen sich dort einige Tage mit ihren Verwandten und Bekannten, um dann wieder ins Tal zu ihren Feld- und Gartenarbeiten zurückzukehren.

Auch in Erzurum feiert man Ende Juni, Anfang Juli einen Tag vor der Heuernte ein Fest, bei dem man nicht unbedingt auf die Almen ziehen muss. Man macht Ausflüge ins Grüne, zu Wallfahrtsorten oder heißen Quellen. Wichtig ist, dass die Pauke und Oboe immer dabei ist, die die alten Volkstänze begleiten. Laienspiele werden aufgeführt, Wettbewerbe im Speerwerfen, Bogenschießen und Laufen veranstaltet. Nach diesen sportlichen Anstrengungen lässt man sich zu einem gemeinsamen Essen nieder.

Ähnlich feiern auch die Nomaden im Süden der Türkei nach dem Winter ihren Auftrieb zu den Almen. Auch hier besucht man zunächst einen Wallfahrtsort, isst miteinander, übt sich im Bogenschießen und Ringen und verschiedenen anderen sportlichen Wettkämpfen und veranstaltet verschiedene Spiele.