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Erzählweisen

Epen

Epen sind lange Erzählungen, die in einer Zeit, in der sich im türkischen Staat noch keine schriftliche Kultur entwickelt hatte, durch eine spezielle Rede, Weise und Schauspiel-Erzählung entstanden sind. Sie behandeln Themen wie den Kosmos und die Schöpfung der verschiedenen Geschöpfe; wichtige Ereignisse, die der Vergangenheit des Staates zugeschrieben werden; sowie die für das Volk geführten Kriege der Herrscher.
Epos von Alp Er Tonga

Als der Padişah (Padischah) der Turan (zentralasiatische Urheimat der Türken) Peşeng die Nachricht vom Tod des iranischen Padişah "Minûçehr“ erhielt, versammelte er die Großen der Türken, um gegen den Iran den Krieg zu eröffnen: "Ihr wisst, was die Iraner uns angetan haben. Es ist die Zeit gekommen, dass die Türken Rache nehmen." Sein Sohn "Alp Er Tonga" brannte innerlich vor Rachesucht. Er sagte zu seinem Vater: "Ich bin die Person, die es mit den Löwen aufnehmen kann. Ich muss am Iran Rache nehmen." Seine Größe glich einer Zypresse, seine Brust und Arme waren wie die eines Löwen, er war stark wie ein Elefant, seine Zunge scharf wie ein Säbel.

Während der Kriegsvorbereitungen kam der andere Sohn des türkischen Padişah "Alp Arız" ın den Serail und sagte zu seinem Vater: "Vater, du bist der Größte der Türken. Minûçehr ist gestorben, aber in der iranischen Armee gibt es viele Helden. Wir sollten uns nicht auflehnen. Wenn wir dies tun, so wird unser Land zerbrechen und vernichtet werden." Peşeng gab seinem Sohn folgende Antwort: „Alp Er Tonga ist auf der Jagd ein Löwe, im Krieg ein Kriegselefant. Er ist tapfer wie ein Krokodil. Die Rache der Väter muss genommen werden. Geh du gemeinsam mit ihm. Wenn in der Tiefebene das Gras grün wird, bewegt eurer Heer nach "Amul". Eure Pferde sollen den Iran zermalmen. Färbt ihr Wasser mit Blut.“

Im Frühjahr marschierte das türkische Heer unter Alp Er Tonga auf den Iran zu. Sie kamen nach Dehistan. Die zwei Armeen trafen aufeinander. Barman, einer der türkischen Helden, drang direkt zu den Iranern vor und forderte Soldaten heraus. Der iranische Kommandant schaute auf sein Heer. Niemand der jungen Soldaten konnte es mit ihm aufnehmen. Nur Kubâd, der Bruder des Kommandanten fiel auf. Allerdings war er alt. Sein Bruder sagte zu ihm: „Barman ist jung, er ist ein Reiter mit dem Herz eines Löwen. Seine Größe reicht bis zur Sonne. Du bist alt. Wenn Blut deine Haare kürzt, so werden unsere jungen Kämpfer eingeschüchtert.“ Kubâd allerdings horchte nicht und ging in den Kampf mit den Worten: “Menschliches Wildbret, der Tod ist sein Jäger.“ Barman sagte zu ihm: „Du gibst deinen Kopf mir. Hättest du noch etwas gewartet, wäre es besser gewesen. Es wurde dir sowieso nach dem Leben getrachtet.“ Kubâd antwortete: „Ich habe ohnehin von der Welt bereits meinen Anteil erhalten.“ und griff ihn an.

Von Morgens bis Abends kämpften sie. Letztendlich stieß Barman Kubâd mit der Lanze nieder und kehrte siegreich zu Alp Er Tonga zurück. Daraufhin rückte das iranische Heer weiter vor und beide Armeen stießen aufeinander. Es kam zu einem Kampf, den die Welt noch nicht gesehen hatte. Alp Er Tonga war überlegen. Die Iraner konnten ihre Stellung nicht halten und zerstreuten sich. Der iranische Padişah schickte seine beiden Söhne in die Heimat zurück und befahl den Frauen auf den Berg Zâve zu gehen.

Nach einer zweitägigen Ruhepause der beiden Armeen griff Alp Er Tonga erneut an. Die Größen des Iran füllten als Tote oder Verletzte das Kriegsgebiet. In der Nacht wurden die Iraner zerstört. Als er dies sah, floh der iranische Padişah mit dem Oberbefehlshaber Dehistan auf seine Burg. Alp Er Tonga nahm die Burg in Beschuss. Als der iranische Padişah von der Burg floh, verfolgte Alp Er Tonga ihn und nahm ihn gefangen.
 
Der Held Zâl aus Afghanistan, der dem Iran unterworfen war, kam den Iranern zu Hilfe. Durch stärkste Kämpfe wurde das türkische Heer zerstört. Der erzürnte Alp Er Tonga ermordete daraufhin den gefangenen iranischen Padişah mit dem Schwert. Die weiteren Gefangenen sollten auch ermordet werden. Allerdings brachte ihn sein Bruder Alp Arız von diesem Vorgehen ab. Die Gefangenen wurden nach Sarı geschickt und ins Gefängnis geworfen. Er selbst kam nach Dehistan und setzte sich die iranische Krone auf. Er wurde zum Padişah des Irans. Allerdings brachen die Gefangenen in Sarı aus und da er seinen Bruder Alp Arız dafür verantwortlich hielt, ermordete er diesen.

Als Zev die Krone des Irans übernahm, stießen die beiden Armeen wiederum aufeinander und lieferten sich einen fünf Monate währenden Krieg. Es kam zur Hungersnot in dem Gebiet. Letztendlich wurde der Frieden beschlossen, um die Menschheit nicht auszurotten. Das nördlichste Land des Irans wurde nun Turan.

Als jedoch Zev starb, griff Alp Er Tonga erneut den Iran an. Sein Vater war ihm feindlich gesinnt, da er seinen Bruder ermordet hatte. Aber als der neue iranische Padişah starb und der Thron wieder unbesetzt blieb, sendete der Turaner Padişah Peşeng seinem Sohn Alp Er Tonga eine Nachricht. Darin befahl er, Ceyhun (Amu Darja) zu passieren und den Thron des Iran zu besteigen. Als die Iraner hörten, das sich die türkische Armee auf sie zu bewegte, suchten sie in ihrer Angst wiederum bei Zâl um Hilfe an. Zâl war jedoch nun verheiratet und so sendete er seinen Sohn Rüstem. In der Auseinandersetzung der Führer der beiden Armeen besiegte Rüstem die Türken und setzte Keykubâd auf den iranischen Thron. Als das ordentliche Heer aufeinander traf kam es zur direkten Konfrontation von Rüstem und Alp Er Tonga. Alp Er Tonga stand kurz vor der Niederlage, als türkische Helden ihn retteten. Rüstem tötete in einem Angriff 1160 Türken, somit wurden die Türken besiegt. Sie zogen sich nach Ceyhun zurück. Alp Er Tonga kehrte an die Seite seines Vaters zurück. Sein Vater wurde überredet, Frieden zu schließen, der auch geschlossen wurde.

Nach der Thronübernahme im Iran von Keykâavus, kam es zum Aufstand der Araber. Der sich überlegen zeigende Keykâavus wurde bei einem Bankett betrunken gemacht und gefangen genommen. Diese Nachricht brachte den Iran in Unruhe. Alp Er Tonga stieß mit einem großem Heer auf die Araber und besiegte sie. Die türkische Armee breitete sich im Iran aus und begann alle gefangen zu nehmen. Die Iraner baten wiederum Zâl um Hilfe. Zâl befreite den von den Arabern gefangen genommenen Kaykâavus, schloss seine eigene Armee der der Iraner an und griff die Türken an. In einem blutigen Krieg musste die Hälfte der Turaner sterben. Alp Er Tonga wurde besiegt, doch konnte er fliehen.

Eines Tages machten sieben berühmte iranische Ringkämpfer Rüstem den Vorschlag, nach Turan zu gehen und in dem Jagdgebiet Alp Er Tongas auf Jagd zu gehen. Sie gingen in das Jagdgebiet der Gegend von Sirah und blieben dort sieben Tage. Als Alp Er Tonga dies hörte, kam er mit seinem Heer in das Gebiet. In den Einzelkämpfen behielten zwar die türkischen Ringer die Oberhand, als jedoch Rüstem in den Kampf eingriff, vertrieb er mit den sieben iranischen Ringern das türkische Heer. Beinahe wäre sogar Alp Er Tonga gefangen genommen worden.

Keykâavus vertrieb sich im Iran die Zeit mit Vergnügen und Liebesspielen, während Alp Er Tonga mit seinen türkischen Reitern vordrang. Diese Nachricht erreichte Keykâavus. Er sandte seinen Sohn Siyâvuş und Rüstem gegen die Türken. Die türkischen Führer wurden besiegt und auf die Burg Belh gebracht. Zu dieser Zeit sah Alp Er Tonga einen furchtbaren Traum, deutete diesen und schloss mit den Iranern Frieden. Er gab ihnen auch alle Geiseln zurück. Er ließ die Städte Buhoro, Samarkand und Çaç zurück und zog sich in die Stadt Gang zurück. Allerdings erzürnte Keykâvus, der diesen Frieden nicht wollte, gegen Rüstem und Siyâvuş. Aufgrund des unsittlichen Verhaltens Keykâvus zog sich Rüstem in sein eigenes Land zurück. Siyâvuş dagegen fand bei Alp Er Tonga Unterschlupf. Auf seinem Weg in die Stadt Gang, der Hauptstadt der Türken, wurde ihm große Verehrung entgegengebracht und wurde sehr beliebt. Er heiratete sogar zuerst die Tochter des türkischen Helden "Piran", und etwas später die älteste Tochter Alp Er Tongas, die schöne "Ferengis". Von der Tochter von Piran wurde ihm ein Sohn geboren, der den Namen Keyhusrev erhielt.

Nach einiger Zeit brachten die Feinde von Siyâvus ihn bei Alp Er Tonga in schlechtes Gerede und zerstörten das gute Verhältnis. Siyâvus wurde ermordet. Daraufhin trat wieder Rüstem in Erscheinung. In der ersten Auseinandersetzung wurde der Sohn Alp Er Tongas "Sarka" getötet. Alp Er Tonga griff nun selbst in den Krieg ein, um Rache zu nehmen. Allerdings wurde der Krieg von den Iranern gewonnen und er selbst bis an das chinesische Meer zurückgedrängt. Rüstem ermordete die Turaner wo immer er konnte; doch nach seinem sechsjährigen Aufenthalt in Turan zog er sich zurück und kehrte in seine Heimat zurück.

Alp Er Tonga weinte Blut, als er sah, dass das Land Turan zerstört und die Türken ermordet wurden. Er schwor, Rache zu nehmen. Er versammelte sein verbliebenes Heer und drang in den Iran vor. Er zerstörte ihre Kultur und beherrschte den Iran. Er führte den Iran in eine Hungersnot und die Iraner zerbrachen nach sieben Jahren. Um den Iran zu retten, verließ Keyhusrev den Thron. Keyhusrev stellte seine Armee zusammen, um an Alp Er Tonga Rache zu üben. Allerdings fiel diese Armee bereits vor dem Aufeinandertreffen mit Alp Er Tonga auseinander. Keyhusrev sendete erneut eine Armee. Der Türke "Bazur", ließ durch einen Zauber in den Bergen Schnee fallen. Somit konnten die iranischen Hände nichts mehr greifen. Das iranische Heer wurde niedergemetzelt. Die Iraner entsendeten erneut Rüstem. Nach einzigartigen Kämpfen zerschmetterte Rüstem das türkische Heer und nahm den chinesischen Herrscher, der sich im türkischen Heer befand, fest.

Als Alp Er Tonga diese Nachricht erhielt, trauerte er und versammelte die Großen des Landes, um Rat zu halten. Diese sagten: „Was sollen wir schon machen! Wenn auch das chinesische Heer zerstört wurde, so ist dem türkischen Heer nichts passiert. Unsere Mütter haben uns zum Sterben geboren.“ Alp Er Tonga begann erneut mit Vorbereitungen. Sein Sohn "Side" stärkte seine Moral. An diesem Krieg nahm an der Seite des türkischen Heeres ein Chinese namens "Püladvend", der in den chinesischen Bergen hauste, mit seinem Heer teil. Wenn der Iran auch den Ringkampf gewonnen hatte, so wurde letztendlich doch Rüstem besiegt. Auf diese Tatsache bauend stießen die turanische und iranische Armee aufeinander. Die Iraner gewannen, Alp Er Tonga flüchtete. Nach diesem Krieg wurde Keyhusrev Herrscher über zwei Drittel der Welt. Als er eines Tages in seinem Serail Wein trank, kamen über die turanische Grenzen Iraner und behaupteten, dass ihnen die Turaner Schaden zufügen würden. Keyhusrev sandte einen iranischen Helden namens "Bijen", um sich dieser Angelegenheit anzunehmen. Bijen sah in einem Wald an der Grenze Turans einige Mädchen, die sich vergnügten. Darunter auch ein wunderschönes Mädchen namens "Menîje". Menîje war die Tochter Alp Er Turans. Sie verliebten sich ineinander. Menîje brachte ihn in den Palast Turans. Als Alp Er Tunga dies hörte, erzürnte er sehr. Er ließ Bijen in Gefangenschaft nehmen und jagte seine Tochter davon. Als der iranische Padişah sah, dass sein junger Kommandant nicht zurückkehrte, entsandte er wiederum Rüstem. Rüstem drang in der Kleidung eines Kaufmannes bis in die Hauptstadt Turans vor. Er befreite Bijen, drang in den Serail Alp Er Tongas ein und brachte Menîje in den Iran. Alp Er Tonga marschierte wieder mit seiner Armee los. Hinter dem iranischen Heer befand sich der Berg "Bîsütun". Wiederum gewannen die Iraner mit Hilfe von Rüstem den Krieg. Alp Er Tonga flüchtete bis Karluk. Seinen Großen des Landes sagte er: „Ich habe über die ganze Welt befohlen. Sogar zur Zeit Minûçehrs konnte der Iran Turan nicht das Wasser reichen. Heute allerdings bedrohen die Iraner mein Leben in meinem Serail. Es ist gut, dass ich plane, Rache zu nehmen. Tausendmal werden wir mit den türkischen und chinesischen Armeen marschieren.“ Und er begann wieder mit seinen Vorbereitungen. Allerdings wurde die erste Auseinandersetzung, an der Alp Er Tonga selbst nicht teilnahm, von den Iranern gewonnen. Der iranische Padişah Asıl wollte Alp Er Tonga vernichten. Von neuem wurde von überall her die Armee aufgestellt und vorwärts marschiert. Alp Er Tonga versammelte zwei Drittel seiner Armee. Er ließ sich in der Stadt Beykend nieder. Im Lager befanden sich Zelte aus Leopardenleder. Er selbst saß auf einem goldenen mit Edelsteinen verzierten Thron. Vor dem Lager standen viele Helden mit Fahnen in der Hand. Es wurde ihm ganz schwindelig als er hörte, dass die Truppe, die vorgestoßen war, vernichtet wurde. Er schwor nicht zurückzukehren, bevor er nicht Rache genommen hatte. Er überließ seinem Sohn "Kara Han" die Hälfte seiner Armee und schickte ihn nach Buhoro. Von seinen Söhnen befanden sich "Şide" (mit eigentlichem Namen Peşen), "Cehen", "Afrâsiyab", "Girdegîr" und der Sohn seines Sohnes "Ilâ", "Güheylâ" ebenfalls in dieser Armee. Diese Armee setzte sich aus çilgilischen, tarazischen, oghusischen, karlukischen und turkmenischen Soldaten zusammen. Als die beiden Armeen aufeinander trafen, führten zunächst der iranische Padişah Keyhusrev und der Sohn Alp Er Tongas, Şide, einen Einzelkampf. Şide wurde getötet. Als Alp Er Tonga dies vernahm, war er sehr aufgebracht. Am nächsten Tag kämpften die beiden Armeen bis zum Abend. Am darauf folgenden Tag kam es wieder zu Auseinandersetzungen. Alp Er Tonga griff wie ein Wildgewordener Löwe an. Er tötete einige der großen Ringkämpfer des Iran. Keyhusrev und Alp Er Tonga trafen im Einzelkampf aufeinander. Allerdings verhinderten turanische Ringkämpfer, die einen Kampf mit dem iranischen Padişah nicht guthießen, diese Auseinandersetzung, indem sie sein Pferd festhielten und ihn zurückbrachten. In dieser Nacht sammelte Alp Er Tonga seine Armee und überquerte Ceyhun. Er vereinte sich mit der Armee Kara Hans und erreichte Buhoro. Dort ruhten sie sich etwas aus. Dann kamen sie zur Hauptstadt Gang. Diese Stadt war wie ein Paradies. Die Erde war sauber, die Ziegel aus Gold. Er ließ von überall her Soldaten kommen. Zu gleicher Zeit informierten ihn seine Kundschafter davon, dass Keyhusrev Ceyhun passiert habe.

Keyhusrev erreichte zuerst Suğd. Nach einem einmonatigen Aufenthalt drang er weiter vor. Die Türken enthielten die Iraner das Wasser, wenn sie einen Iraner fanden, der hinter seinem Heer zurückgeblieben war, wurde er sofort ermordet. Keyhusrev hingegen vernichtete alles, was er vor sich fand: Paläste, Burgen, Männer und Frauen. Die zwei Armeen trafen am Fluss "Gülzâriyun" aufeinander. Alp Er Tongas Armee versetzte Keyhusrev in Angst und Schrecken. Er versteckte sich hinter seiner Armee und flehte zu Gott. Sofort brach ein Sturm los, dessen Staub auf Alp Er Tongas Armee niederging. Die Türken begannen zu fliehen. Doch Alp Er Tonga ermordete jeden, der floh, und hielt somit seine Armee aufrecht. Es wurde weitergekämpft. Als die Nacht einbrach, gingen die beiden Armeen auseinander. Alp Er Tonga wollte am nächsten Morgen wieder angreifen. Allerdings informierte ihn sein Nachrichtenvermittler davon, dass in der Armee seines Sohnes Kara Han nur dieser selbst unverletzt sei. Daraufhin stürzte er sich mit seiner Armee in die Wüste. Er wollte Rüstem schlagen. Keyhusrev informierte Rüstem und machte sich selbst hinter ihm her. Obwohl Alp Er Tonga Gang erreichen und nur Druck auf Rüstem ausüben wollte, verzichtete er darauf als er sah, dass dieser auf der Hut war.

Er zog in die Stadt ein. Die Burg dieser Menschenüberfüllten Stadt war so hoch, dass nicht mal Adler über sie hinweg fliegen konnten. Nahrungsmittel gab es ausreichend. An allen Ecken und Enden gab es Quellen und Brunnen, schöne Gärten. Mit seinen Palästen war es wie ein Paradies. Alp Er Tonga zog sich mit seiner Armee in Gang zurück. Er schrieb einen Brief an den chinesischen Padişah und bat um Unterstützung. Keyhusrev kam mit seiner Armee und vereinigte sich mit Rüstem. Um die Burg und Umgebung ließ er Gräben graben. Sie sammelten Holz und entzündeten es. Die Mauern stürzten ein. Mit einem Sturmangriff drangen sie in die Stadt ein. Jeder der ihnen in den Weg kam wurde ermordet. Alp Er Tonga konnte mit 200 Soldaten durch einen geheimen Weg unterhalb der Burg fliehen. Er ging zum chinesischen Padişah. Der chinesische Herrscher hatte eine große Armee aufgestellt. Als dies die Türken hörten, strömten sie aus allen Richtungen, um Alp Er Tonga zu unterstützen. Keyhusrev ließ in Gang einen Kommandanten zurück und marschierte auf Alp Er Tonga zu. Alp Er Tonga lies ihm durch einen Boten einen Brief übergeben, in dem er ihm vorschlug, weit ab von Menschen, an einem Platz, den dieser sich selbst aussuchen könnte, einen Einzelkampf durchzuführen. Keyhusrev akzeptierte dies nicht. An diesem Tag schlugen sich beide Armeen bis zum Abend. In der Nacht ließ Keyhusrev vor seiner Armee einen Graben errichten. Einen Teil seiner Kräfte schickte er hinter die türkische Armee. Die Türken griffen in der Nacht an und fielen in die Gräben. Die iranischen Kräfte in ihrem Rücken schlugen zu. Die türkische Armee wurde besiegt.
Alp Er Tonga zog sich mit seinen übrig gebliebenen Soldaten in die Wüste zurück. Keyhusrev kehrte nach Gang zurück. Der chinesische Padişah sendete Keyhusrev in seiner Angst einen Botschafter.

Keyhusrev verzieh ihm unter der Bedingung, dass er Alp Er Tonga nicht nochmals aufnehmen dürfe. Als Alp Er Tonga dies vernahm, zog er sich völlig niedergeschlagen in die Wüste zurück. Er erreicht das Meer von Zere. Es war ein endloses Meer. Dort sagte ein Seemann: „Hey, Padişah! Dieses tiefe Meer kannst du nicht überqueren! Ich bin 78 Jahre. Ich habe noch nie gesehen, dass ein Schiff dieses Meer überqueren konnte.“ Alp Er Tonga antwortete: „Ich ziehe es vor zu sterben, als gefangen genommen zu werden.“ Er machte ein Schiff flott und gingen an Bord und hissten die Segel. Sie erreichten die Stadt "Gangıdız". Alp Er Tonga sagte dort: „Lasst uns nicht an die Vergangenheit denken. Das Schicksal wendet sich wieder dort hin“, und legte sich hin und schlief. Keyhusrev erfuhr, dass Alp Er Tonga das Wasser überquert hatte. Er machte seine Vorbereitungen, nahm einige Länder ein und traf am Meer von Zere ein. Obwohl sie alle, die sie fanden, ermordeten, konnte Alp Er Tonga heimlich fliehen. Keyhusrev wurde hier Herrscher über Turan. Er kam nach Gang zurück und forschte nach Alp Er Tonga. Niemand wusste etwas über ihn. Indessen wanderte dieser ohne zu essen und zu trinken. Er hatte sich in einer Höhle eines steilen Berges eingerichtet. In dieser Höhle gab es einen von den Menschen fern lebenden Mann namens "Hûm". Eines Tages hörte er in der Höhle eine Stimme. Alp Er Tonga sprach mit sich selbst. Hûm, der aufgrund der türkischen Aussprache der Wörter sofort wusste, wer dieser Fremde war, nahm ihn fest. Allerdings floh er wieder und warf sich ins Wasser. Keyhusrev hörte dies. Durch eine List wurde Alp Er Tonga aus dem Wasser gerettet und hingerichtet.

SAGE

Die Sage ist eine Art der Volksliteratur, die die Weitergabe der Kultur aus der Vergangenheit in die Gegenwart gewährleistet und einen Beitrag leistet, den Menschen und seine geschaffene Kultur besser zu verstehen. Die Sage ist eine bestimmte Literaturart, die realen und erfundenen Geschöpfen sowie den Schauplätzen und Ereignissen außergewöhnliche Besonderheiten zuschreibt und bezüglich der Realität des Erzählten richtungweisend ist für den Glauben und das individuelle und gesellschaftliche Leben der Person. Je nach Thema kann die Sage in verschiedene Kategorien unterteilt werden:
Sagen, die historische Plätze, Personen oder Ereignisse hervorheben
Sagen, die über außergewöhnliche Geschöpfe berichten
Tiersagen
Religiöse Sagen
Pflanzen- und Baumsagen
Sagen, die über die Natur und Naturereignisse berichten

Beispiele von Sagen

Der Drachen vom Berg Albat

Es gab einen Drachen, der auf einem der Berghänge von Ortanca Çeşme des Berges Albat lebte. Durch sein Dasein konnte sich kein Mensch dem Brunnen nähern, wodurch die Menschen zu verdursteten drohten.
In dieser Ausweglosigkeit nahm das Stadtoberhaupt seinen zweischneidigen Degen in die Hand und machte sich auf den Weg, den Drachen zu töten. Der Herrscher hielt seinen Degen mit beiden Händen der Länge nach vor sich. Während der Drache Feuer aus der Nase sprühte, zog er den Herrscher mit einem tiefen Atemzug in den Mund und schluckte ihn. Der zweischneidige Degen, den der Herrscher vor sich hielt, zerteilte den Drachen vom Mund bis zum Schwanz in zwei Teile und tötete ihn.
Als der Herrscher zu seinem Schloss zurückkehrte, ließ er den Brunnen mit Milch füllen, zog sich aus und setzte sich hinein. Die Milch wurde durch das Gift des Drachen, das am Herrscher hing, sauer und wurde zu Magermilchkäse. Der Herrscher badete sich solange mit Milch, bis die Milch nicht mehr zu Magermilchkäse wurde. Somit konnte er sich des Drachengiftes entledigen.

Quelle: Silvan Tevfik Dabakoğlu

Von seinem Vater, dem Schneider

Suzan (Suzi) und der Berg Kırklar

Im Südosten von Diyarbakır, an den Ufern des Flusses Tigris, befindet sich der Berg Kırklar. Dahinter liegt der Wallfahrtsort Kırklar. Dieser wird von kinderlosen Personen besucht, die dort ihre Wünsche darlegen.
Auch eine reiche syrische Familie blieb kinderlos. Die Frau besuchte den Wallfahrtsort Kırklar, wünschte sich ein Kind und versprach Opfergaben. Sie gebar eine Tochter, der der Name Suzi (Suzan) gegeben wurde. Jedes Jahr zu ihrem Geburtstag wurde das Mädchen von der Mutter herausgeputzt und zum Wallfahrtsort Kırklar gebracht. Dort ließ sie ein Tier opfern. Suzan wuchs mit tausenden Schnörkeln auf und entwickelte sich zu einem schönen Mädchen. Sie verliebte sich in Adil, dem Sohn ihrer muslimischen Nachbarn. Wiederum an einem ihrer Geburtstage schickte die Mutter Suzi, gemeinsam mit einem der Bediensteten, zum Wallfahrtsort Kırklar, um ein Tieropfer darzubringen. Aber auch Adil reiste ihnen nach, ohne vorher etwas zu sagen. Sie benutzten die Gelegenheit; als der Bedienstete mit dem Schlachten des Tieres beschäftigt war, wanderten sie hinter den Berg und liebten sich dort. Der Wallfahrtsort Kırklar verzieh diese Vereinigung nicht und bestrafte Suzi. Das Mädchen ertrank unter der "Zehn Bogen-Brücke" des Tigris. Nach dem Tod Suzis verlor Adil seinen Verstand.

Das Lied von Suzan – Suzi

Das Gesicht des Berges Kırklar
Finsternis umhüllte die Ebene
Wäre ich gestorben
Suzi – Suzi, die Wallfahrt hat uns bestraft
Dunkelste Finsternis unter der Brücke
Mutter komm, suche mich
Meine Haare sind voller Sand
Bring einen Kamm und kämme es
Der mittlere Bogen der Brücke
Das Gewässer hat die Ebene weggerissen
Wäre ich gestorben
Suzi – Suzi, der Tigris hat uns getrennt

Quelle:
Von den türkischen Berühmtheiten, Diyarbakır Esma Ocak

Volksgeschichten

Die Volksgeschichte ist eine lang andauernde Art der Erzählung, die aus der Realität entnommen wird. Die Geschichte wird von der Weise der Saz begleitet, Stimme und Mimik werden verwendet. Hinsichtlich ihrer Dimension kann sie in zwei Gruppen eingeteilt werden:
Einfache, kurze Geschichte, die einer Sage, einem Märchen oder dem realen Leben entnommen wurde und ein einziges Ereignis berichtet. Gemeinsam mit dem ‚türkü’ (Lied) dauert diese Erzählung höchstens zwei Stunden.
Eine lang andauernde Geschichte, die über mehrere Menschen, unerwartete Ereignisse einer Person und infolgedessen auch mehr oder weniger komplizierte Ereignisse berichtet, die aneinandergehängt werden. Diese Erzählungen können eine bis sieben Nächte dauern.

Beispiele von Volksgeschichten

Löwe, Wolf und Fuchs

Einstmals wurden ein Löwe, ein Wolf und ein Fuchs Freunde. Als sie hungrig wurden, gingen sie auf die Jagd. Am Ende der Jagd hatten sie einen Ochsen, ein Schaf und einen Hasen erwischt. Nachdem sie die Beute zusammenlegten, sagte der Löwe zum Wolf:
"Teile die Beute, damit wir alle einen Anteil bekommen."
Der Wolf antwortete:
"Der Ochse gehört ja ohnehin Ihnen, das Schaf mir und der Hase gehört dem Fuchs."
Der Löwe wurde daraufhin sehr wütend und warf dem Wolf den Abgrund hinunter. Dieses Mal wandte sich der Löwe an den Fuchs:
"Lass mal sehen, wie du die Aufteilung vornimmst."
Der schlaue Fuchs antworte schnell darauf:
"Der Ochse ist Ihr Abendessen, das Schaf Ihr Mittagessen und der Hase Ihr Frühstück."
Der Löwe lachte und fragte:
"Fuchs, woher hast du diese Idee?"
Der Fuchs antwortete:
"Der in den Abgrund gestürzte Wolf gab die Antwort...."

Märchen
 

Eine Art der Erzählung, die reine Erfindung ist und einer unbekannten Zeit zugeordnet ist, es hat weiter nicht den Anspruch, den Zuhörer zu überzeugen. Um die Aufmerksamkeit des Zuhörers zu gewinnen, werden zu Beginn, am Ende und manchmal auch an angebracht gefundenen Stellen Märchenformeln wie "Es war einmal" (bir varmış, bir yokmuş....) gesetzt.

Beispiele von Märchen
Das faule Mädchen
Es war einmal vor langer Zeit, als das Sieb im Stroh war, als die Flöhe Berber waren, als die Kamele Makler waren, als ich in der Wiege meiner Mutter schaukelte, ein Ehepaar.

Dieses Ehepaar brachte ein Mädchen zur Welt. Das Mädchen wurde mit großer Sorgfalt erzogen, aber es lernte auch, nichts zu tun. Darum nannte man es auch "das Faule Mädchen". Es war so faul, dass es sogar nicht zum Aufstehen zu bewegen war. Ihre Eltern hatten für es einen Krabbelstuhl bauen lassen, indem es sitzend seine Tätigkeiten verrichten konnte.

ie einem Jäger zur Frau gegeben. Eines Tages ging der Jäger zur Jagd und brachte eine Gans nach Hause. Er säuberte sie und setzte sie auf den Herd. Als er wieder zur Jagd aufbrechen wollte, sagte er zu seiner Frau, dass er die Gans auf den Herd gestellt habe und sie aufpassen solle, damit sie nicht anbrenne. Das Faule Mädchen sagte nur "Ja", stand aber nicht mal von seinem Platz auf.

Nach geraumer Zeit kam ein Bettler an die Tür bettelte um eine Scheibe Brot. Das Faule Mädchen wies auf die Küche und sagte ihm, er solle sich doch selbst aus der Küche eine Scheibe Brot holen.

Als der Bettler in die Küche ging, sah er die Gans im Topf schmoren. Er nahm die Gans, steckte sie in seinen Beutel und ließ seine schmutzigen Bauernschuhe im Topf zurück. ... Er ging zum Mädchen zurück und bedankte sich für das Brot. Er fuhr weiter: "Nun möchte ich dir ein Lied singen, dann werde ich gehen." Das Lied hatte folgende Worte:

Dein Schnabel ist im Beutel mein,
Meine Bauernschuhe in der Suppe dein,
Schlaf weiter in deinem Bettchen,
Den Schnabel esse ich allein im Wäldchen.
Nach diesem Lied ging der Bettler seines Weges. Es verging einige Zeit, als der Jäger nach Hause zurückkehrte. Er fragte seine Frau, ob die Gans fertig geschmort sei. Seine Frau erzählte ihm, was geschehen war und sang ihm das Lied des Bettlers. Der Jäger verstand sofort, was passiert war und schimpfte mit seiner Frau.
 
Daraufhin unterließ das Faule Mädchen seine Faulheit und sie lebten glücklich bis an ihr Ende. Wir jedoch verschwinden von dieser Bretterbühne. (Singen die Märchenvortragenden, die ihren Auftritt beendet haben.)

Das wertvolle Salz
Es war einmal vor langer Zeit, als das Sieb im Stroh war, als die Flöhe Berber waren, als die Kamele Makler waren, als ich in der Wiege meiner Mutter schaukelte. Dieses Märchen wird folgenderweise erzählt:
Es lebte einmal vor langer Zeit ein Sultan mit seinen drei Töchtern. Eines Tages rief der Sultan seine Töchter zu sich und fragte sie: "Wie sehr liebt ihr mich?". Die älteste Tochter antwortete: "So sehr wie die Welt." Die zweite Tochter sagte: "So sehr wie meine Arme." Die jüngste Tochter jedoch antwortete: "So sehr wie Salz."

Der Sultan erzürnte sehr über die Antwort seiner jüngsten Tochter und übergab sie dem Henker. Der Henker brachte das Mädchen in den Wald, um es zu töten. Aber das Mädchen flehte den Henker an: "Wie kannst du mir das antun? Bist du nicht auch Vater und hast ein Kind?"
Der Henker hatte Mitleid mit dem Mädchen und brachte es nicht übers Herz, es zu töten. An dessen Stelle tötete er ein Tier, beschmierte das Hemd des Mädchens mit dem Tierblut und brachte es dem Sultan.

Das junge Mädchen machte sich auf den Weg und nach einiger Zeit erreichte es ein Dorf. Es wurde dort Dienerin eines reichen Dorfbewohners. Es wuchs heran und wurde ein sehr schönes Mädchen, dessen Schönheit in aller Munde war. Ihr Schicksal wollte es, dass sie den Sohn eines anderen Sultans heiratete.

Nach langer Zeit erzählte es ihrem Mann, was es alles erlebt hatte und schlug ihm vor, ihre Familie zum Essen zu laden. Der Mann stimmte zu und es wurden die notwendigen Vorbereitungen getroffen.

Der Sultan, also der Vater des Mädchens, kam an dem verabredeten Tag mit seiner Gefolgschaft zum Festmahl. Als der Vater am Tisch saß, wurden die Speisen der Reihe nach aufgetragen. Aber das Mädchen hatte dem Koch befohlen, alle Speisen ohne Salz zuzubereiten. Welche Speisen der Sultan auch probierte, sie waren alle salzlos, und der Sultan konnte keine von ihnen essen.

Da sprang das Mädchen vom festlichen Tisch auf und sagte: „Mein Sultan, ich habe gehört, dass Sie ihre jüngste Tochter hinrichten ließen, weil es Ihnen sagte, dass es Sie so sehr wie Salz liebe.“ Ohne dem Sultan eine Gelegenheit zur Antwort zu geben fuhr es fort: "Ich bin dieses kleine Mädchen. Und ich habe sämtliche Speisen ohne Salz zubereiten lassen, damit Sie meinen Wert verstehen."

Der Sultan schämte sich für seine Tat und umarmte seine Tochter. Nun verstand er den Wert des Salzes und sie lebten von nun an in Frieden gemeinsam bis zum Tode.
 
Wir jedoch verschwinden von dieser Bretterbühne. (Singen die Märchenvortragenden, die ihren Auftritt beendet haben.)

Anekdoten


Dies sind geistreiche, satirische, humorvolle, kurze wörtliche aus dem Leben gegriffene Erzählungen mit dem Ziel, eine Lehre zu übermitteln.
Beispiele von Anekdoten
Dann eben anders
Zurzeit, als der Hoca (Hodscha, Geistlicher, Lehrer; hier Nasreddin Hoca) als Kadi (Richter) tätig war, kam ein Mann zu ihm.
"Hoca Efendi (Geehrter Hodscha)", sagte er, "ich will Euch um einen Rat bitten."
"Nun frag", sagte der Hoca zu ihm und der Mann fuhr fort:

"Gestern hat eine Kuh, von denen die Nachbarn behaupten, sie gehöre Ihnen, auf der Weide meiner Kuh in den Bauch geschlagen und sie getötet. Was muss ich nun machen?"

Nachdem der Hoca an seinem Bart gedreht und eine Weile nachgedachte hatte, sagte er:
"Tja, die Kuh ist nun mal ein Tier.... Du wirst es ja doch nicht anklagen!"
"Danke Kadi Efendi”, sagte der Mann.

Auch den Besitzer kann man dafür nicht beschuldigen, wie sollte er denn auch ahnen, dass so etwas geschehen würde.
Der Mann fing an zu grinsen, als er wieder das Wort ergriff:

"Verzeih mir, Kadi Efendi. Ich habe mich getäuscht. Eure Kuh ist dabei gestorben und nicht meine."
Der Hoca richtete sich auf und sagte:

"So, nun sieht die Sache anders aus. So gib mir mal das schwarze Buch aus dem Regal und lass mich mal nachschlagen!"
Der Esel des Gutsverwalters

Der Gutsverwalter, dessen Esel verloren ging, regte sich auf:

"Schnell, findet meinen Esel wieder, sonst trage ich keine Verantwortung dafür, was geschehen wird!“ schrie er.
Alle gerieten in Angst und Schrecken. Die Leute von Akşehir, die quer durch die Gegend liefen, um den Esel zu finden, trafen auf den Hoca:
"Hoca, kannst du uns helfen? Solltest du unterwegs auf einen besitzerlosen Esel treffen, so bitte fang ihn für uns ein."
"Wem gehört der Esel?" fragte der Hoca

"Dem Gutsverwalter”, sagten sie. Und der Hoca antwortete:

"Gut, ich werde euch beim Suchen helfen." Und er ging singend seines Weges weiter.
Ein Dorfbewohner, der ihm begegnete, fragte ihn:

"Warum singst du denn, Hoca Efendi?"

Daraufhin antwortete der Hoca:

"Ich suche den verlorenen Esel des Gutsverwalters."

Der Dorfbewohner fragte weiter:

"Ja aber, man sucht doch einen Esel nicht singend, oder Hoca?"

"Ein Fremder sucht den Esel eines Fremden eben singend. Erst recht, wenn der Esel gewaltsam gesucht wird. Überhaupt erst recht, wenn er dem Gutsverwalter gehört!...."

Warum er auf dem Esel verkehrt rum saß
Als der Hoca eines Tages auf seinem Esel von der Moschee nach Hause ritt und einige Leute ihm folgten, blieb er plötzlich stehen und setzte sich mit dem Gesicht nach hinten, verkehrt auf den Esel. Er setzte sich also verkehrt rum auf den Sattel. Die Leute, die das sahen, fragten den Hoca nach dem Grund. Dieser antwortete:

"Ich habe lange darüber nachgedacht und habe beschlossen, mich so auf meinen Esel zu setzen, denn ich verabscheue Respektlosigkeit. Wenn ihr vor mir gehen würdet, dann würdet ihr mir den Rücken zuwenden. Das wäre nicht höflich. Und wenn ich vor euch gehe, dann würde ich euch meinen Rücken zuwenden, auch das wäre nicht angepasst. Wenn ich so verkehrt auf dem Esel sitze, dann bin ich vor euch, ihr nicht hinter mir und wir stehen uns doch gegenüber!"

Den Ton habe ich gefunden
In einer Versammlung unter Freunden wurde dem Hoca zum Scherz eine Saz in die Hand gedrückt:
"Los Hoca, lass hören. Spiel doch etwas Schönes für uns!" sagten sie.

Als der Hoca die Saz in die Hand nahm, bewegte er den Schlagring hoch und runter, so dass die Saiten zufällig berührt wurden. Komische Töne kamen dabei heraus:

"Ohh, Hoca, “ sagten sie, "spielt man denn so eine Saz? Man muss doch dem Ton entsprechend die Saiten schlagen."
Der Hoca antwortete darauf lachend, indem er weiter auf der Saz spielte:

"Die sind nicht dazu fähig, den Ton zu finden, deswegen bewegen sie sich wie wild hoch und runter. Seht, ich habe ihn gefunden, warum soll ich noch weiter suchen."

 

Das Leben Nasreddin Hocas (1208-1284)

Nasreddin Hoca wurde im Ort Hortu von Sivrihisar geboren und starb in Akşehir. Sein Vater Abdullah Efendi war der Geistliche des Dorfes Hortu, seine Mutter Sıdıka Hatun (=Frau) stammte aus demselben Dorf. Zuerst besuchte er die Medresse (Hochschule für Theologie) in Sivrihisar. Nach dem Tod seines Vaters kehrte er in sein Dorf zurück und wurde so der Geistliche des Dorfes Hortu. Im Jahre 1237 ließ er sich in Akşehir nieder. Dort besuchte er die Vorlesungen von Seyyid Mahmud Hayrani und Seyyid Hacı Ibrahim und setzte seine Forschungen im Bereich des Islams fort. Gerüchten zufolge soll er in der Medresse Unterricht gegeben und im Landrat gearbeitet haben. Aufgrund dieser Tätigkeiten wurde ihm der Name Nasuriddin Hâce gegeben. Später nahm dieser Name die Form „Nasreddin Hoca“ an. Durch die Zuneigung des Volkes wurde das Wissen über sein Leben von Mund zu Mund weitergegeben, vermischte sich mit Gerüchten und gewann somit eine außergewöhnliche Eigenschaft. In diesen Gerüchten behauptet man sogar, dass er Bekanntschaft mit dem Sultan der Seldschuken gemacht habe, mit Mevlânâ Celâleddin in enge Verbindung getreten sei, mit Timur, der 70 Jahre nach ihm geboren wurde, gesprochen habe und an verschiedenen Orten gleichzeitig erschienen sei.

Der Wert von Nasreddin Hoca kann nicht an seinen Erlebnissen gemessen werden, sondern nur durch die Feinheiten der Bedeutung, des Humors und der Ironie der Schwänke, die von ihm selbst oder aus dem Volksmund übermittelt worden sind. Bei der Analyse seiner Schwänke sieht man bei der Wortfelduntersuchung, dass er nicht nur eine bestimmte Epoche oder Zeitspanne zur Sprache bringt, sondern die Lebensweise, den Humor, die Ironie und Unterhaltungsweise des anatolischen Volkes. Seine Schwänke oder jene, die mit ihm in Zusammenhang gebracht werden, beinhalten Elemente wie Liebe, Ironie, Lob und Humor. Dass sich jemand in eine lächerliche Situation bringt oder sich selbst kritisiert, wurde, gegenüber den strengen Religionsgesetzen, ohne Umschweife direkt mit feinen, spitzen Worten zur Sprache gebracht. Während dieser Erzählungen nimmt er den Charakter von weisen, nichts wissenden, gerissenen, sich anpassenden, gleichgültigen, sich schämenden, eingreifenden, erstaunten, ängstlichen usw. Personen an. Die eigentliche Besonderheit seiner Schwänke liegt in seiner widersprüchlichen Betrachtungsweise des anatolischen Volkes in den verschiedenen Situationen. Nasreddin Hoca vermittelt mit seinen Schwänken die Gefühle des Volkes. Der Erzähler erzählt mit den Worten der Betroffenen, so kann sich das Volk selbst durch die Stimme von Nasreddin Hoca hören.

Nasreddin Hoca erscheint in allen seinen Erzählungen nicht als fiktive Person, sondern wird mit gelebten und realen Ereignissen in Verbindung gebracht. Die negativen oder positiven Reaktionen auf diese Ereignisse werden durch diese Schwänke dargestellt. Meist ist die Bühne Ereignisse und Volk selbst. Im Umkreis von Herrschern und Sultanen sieht man ihn nur selten. Es gibt eigentlich keinen Schwank über ihn und den Sultan der Seldschuken, von dem behauptet wird, Nasreddin Hoca habe ihn gekannt. Die Schwänke bezüglich Timur, „Badehaus, Timur und der Badeschurz“ wurden, da er sehr viel früher lebte als Timur, im Nachhinein erfunden. Indem das Volk Nasreddin einem Tyrannen wie Timur im Badehaus gegenüberstellt, versuchten sie die Angst vor diesem Tyrannen mit Aussagen wie „Meine Tochter, ich erzähle es zwar dir, aber Schwiegertochter, es ist an dich gerichtet“ satirisch darzustellen. Hier wird auf indirekte Art und Weise die Herrschaft im Palast und dessen Bewohner, die sich für etwas Besseres halten, kritisiert.

Eine besondere Rolle in seinen Schwänken, seinem Leben und den Gefühlsdarstellungen des Volkes spielt der Esel. Der Hoca ist ohne seinen Esel nicht denkbar, der eigentlich ein Mittel der Satire und Ironie ist. In den Anekdoten der anatolischen Bevölkerung hat das Pferd keinen Platz. Der Esel ist gleichzeitig ein Symbol für das Erdulden von Leiden, Sorgen, Strafen und Hunger. In den Anekdoten des Kreises um den Serail hat der Esel keinen Platz, vielmehr spielt hier das Pferd eine große Rolle. Ein weiterer Widerspruch in diesem Zusammenhang ist, dass die Elemente Schwank und Kritik gemeinsam dargestellt werden. Ein Beispiel dafür ist folgende Anekdote: Als Nasreddin Hoca zu dem Nachbarn, der von ihm den Esel ausborgen will, sagt, "Der Esel ist nicht zu Hause.", hört der Nachbar das Schreien des Esels aus dem Stall. Woraufhin dieser darauf mit den Worten besteht, "Aber der Esel ist doch im Stall". Der Hoca wiederum antwortet, "Willst du den Worten des Esels oder meinen Worten glauben."

In seinen Schwänken hat auch der "Jenseitsgedanke" der streng Gläubigen eine wichtige Rolle. Offen werden in den Schwänken "Die Maulesel der Tassenhersteller", "Als ich noch am Leben war, ging ich immer hier vorbei“ die Gefühle gegenüber diesem strengen Glauben dargelegt. Die Anekdote "Iss was du bekommen kannst, mein Fell" legt dar, worauf die Gesellschaft Wert legt und zeigt in der Sprache des Hocas, die Reaktion des Volkes.

Der Einfluss von Nasreddin Hoca breitete sich in allen Gesellschaftsschichten aus und ermöglichte die Hervorbringung der unterschiedlichsten Anekdoten, wie "Unteroffizier mit Perlen“, "Bekri Mustafa“, "Bektaşi“ in verschiedensten Regionen des Landes, die die Gedanken und Gefühle der Bevölkerung widerspiegeln. Die beiden erst genannten Anekdoten stellen den Geschmackssinn und Wohlgefallen der Aristokratie dar, die letzt genannte bringt wiederum die Reaktion des Volkes gegen die strengen Scheriatsregeln zur Sprache.