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 Hochebenen und Almenwirtschaft

 

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Hochebenen / Almen

 

Almwirtschaft in der Türkei

Almwirtschaft in der Türkei

Hochebenen / Almen

 

Almwirtschaft in der Türkei

Almen werden in der Türkei als “yayla” bezeichnet und bedeutet so viel wie “höher als die Umgebung”. Die ebenen, mit Weiden bedeckten und wasserreichen Almen werden von Gemeinschaften, die ihren Lebensunterhalt durch die Viehwirtschaft erwerben, zu bestimmten Jahreszeiten benutzt, um die Tiere mit frischem Futter zu versorgen und verschiedene Produkte wie Milch, Käse, Butter etc. zu erzeugen.

Die Almwirtschaft als wichtiges Element unserer traditionellen Kultur wird vor allem an der Mittelmeerregion, der Ägäis, dem Schwarzmeergebiet, in Zentralanatolien und teilweise in Ostanatolien auch heutzutage noch betrieben.

Die Almen befinden sich im Allgemeinen oberhalb der Baumgrenze in ungefähr 1500 – 2000 m Höhe, in manchen Regionen liegen sie allerdings auch in Höhen von 3000 – 3500 m.

In der Türkei kann die gegenwärtige Almwirtschaft in drei Kategorien eingeteilt werden:

1. Die Almwirtschaft von Dorfgemeinschaften, die ihren Lebensunterhalt durch Nomaden-Viehwirtschaft aufbringen

2. Der Almbetrieb von Gemeinschaften, deren Wurzeln zwar in der Nomaden-Viehwirtschaft liegen, jedoch durch Veränderungen der Technik zur ansässigen Landwirtschaft übergegangen sind. Diese betreiben die Almwirtschaft nicht als wirtschaftliche Aktivität, sondern führen – in Erinnerung vergangener Zeiten – zu bestimmten Jahreszeiten einen Almauftrieb durch, bei dem auch verschiedenste Festivitäten im Mittelpunkt stehen.

3. Almen dienen auch sportiven Zwecken und damit verbunden dem Alm-Tourismus, dessen Grundlagen vor allem in der Erholung vor den mit Umweltproblemen kämpfenden Städten zu suchen ist.

Die Verwendung der Almen kann insofern ebenfalls in drei Gruppen gegliedert werden:

A. Almen, die als Urlaubs- und Erholungsgebiet verwendet werden:
Dazu gehören zum Beispiel Abant und Gölcük im Regierungsbezirk Bolu, Soğukoluk im Regierungsbezirk Hatay sowie Yusufeli im Regierungsbezirk Artvin.

B. Almen, die sowohl als Urlaubsgebiet als auch Viehwirtschaftsgebiet verwendet werden:
Beispiele dafür sind Namrun im Regierungsbezirk Mersin, Çarşamba und Perşembe im Regierungsbezirk Ordu sowie Kadırga im Regierungsbezirk Trabzon.

C. Almen, die ausschließlich zur Viehwirtschaft verwendet werden:
Dafür können als Beispiele Yazır bei Antalya, Tekir bei Kayseri sowie Elvit und Kaçkar bei Rize genannt werden.
Die unterschiedlichen Besonderheiten der Almwirtschaft betreibenden Gruppen, ihre Verteilung auf verschiedene geographische Gebiete und die unterschiedlichen morphologischen Gegebenheiten innerhalb dieser Gebiete führten zu verschiedenen Ausformungen der Almwirtschaft. Die Almwirtschaft sesshafter Gruppen weist im Vergleich zu jener der Nomaden oder Halbnomaden unterschiedliche Besonderheiten auf. Die Nomaden, deren Wirtschaft gänzlich auf die Viehwirtschaft ausgerichtet ist, führen ihre Viehwirtschaft durch, indem sie ständig zwischen den “yaylak” (Sommerweide, -domizil) und “kışlak” (Winterweide, -domizil) wandern. Die Halbnomaden, die eine halb sesshafte Gruppe darstellen, hingegen wandern periodisch und Jahreszeiten bedingt. Bei der sesshaften Almwirtschaft wird neben der Viehzucht auch Landwirtschaft betrieben. Um ihre Tiere besser zu füttern und bessere Produkte zu erzielen, wandern diese Bewohner von Berg-, Wald- oder Tiefebenedörfern gemeinsam mit den Tieren für zwei bis drei Monate auf die Alm. Die Zahl der Nomadengruppen hat sich in der Türkei sehr verringert und in diesem Zusammenhang nimmt diese Lebensform zunehmend ab. Die Viehwirtschaft der Halbnomaden hingegen sowie die Almwirtschaft werden nach wie vor aufrechterhalten.

Die Almwirtschaft beinhaltet einen breiten, traditionsreichen Kulturfächer. Vom Bauernkalender und der Volksmeteorologie bis hin zur landwirtschaftlichen Volkswirtschaft, von der Veterinärmedizin bis hin zur Medizin, von der Ernährung und Landküche bis hin zum Volksrechtswesen reicht das kulturelle Spektrum. Diese Reichhaltigkeit der kulturellen Struktur ist für eine Gesellschaft, die vier bis fünf Monate des Jahres mit ihren sämtlichen Lebensaktivitäten gemeinsam auf der Alm verbringt, durchaus normal.

Der Aufstieg auf die Alm schwankt zwischen der Mitte des Monats April bis Ende Mai. Vor dem Aufstieg werden die notwendigen Vorbereitungen getroffen. Die Gegenstände und Werkzeuge, die auf der Alm benötigt werden, werden einer Überprüfung unterzogen und stellen die Last dar, die auf die Alm befördert werden muss. Darunter befindet sich das Zelt, das auf der Alm als Unterkunft dient. (Besonders in der Region des Schwarzmeeres werden hingegen keine Zelte verwendet, da den Bedingungen der Alm entsprechend festen Unterkünften errichtet wurden.) Weitere Gegenstände, die auf die Alm befördert werden müssen sind unter anderem Matratzen, Decken, Kelim, verschiedene Polster sowie Melk-Gefäße, Gefäße zur Butter- und Käseerzeugung, Kessel, Küchengeräte, Proviant, Gaslampen, “sacı” (gewölbte Pfanne zum Brotbacken), Lebensmittel wie Mehl, Salz, Zucker, Öl etc.

Des Weiteren ist auch die Vorbereitung des Kleinviehs ein wichtiger Bestandteil der Vorbereitungen. Damit die Tiere nicht verwechselt werden, werden sie gekennzeichnet und nochmals kontrolliert. Zusätzlich werden Hirten für diese Tiere angeheuert.

Nachdem auch die Lasttiere wie Pferd und Maultier einer Kontrolle unterzogen wurden, beginnt der Auftrieb an dem vorher vereinbarten Termin. (Heutzutage werden für den Almaufzug auch Motorbetriebene Fahrzeuge eingesetzt. Dabei wird nur dann zu Fuß weitergegangen, wenn der Weg nicht mehr befahren werden kann.) Im Allgemeinen werden die Tiere dazu verwendet, um die Lasten zu tragen. Personen wandern zu Fuß auf die Alm. Nur in Ausnahmefällen, wenn die Person nicht mehr weitergehen kann, wird sie auf ein Tier gesetzt.

Der Almbetrieb dauert im Allgemeinen vom Almauftrieb im April/Mai bis zum Almabtrieb im August/September, wobei kleinere regionale Unterschiede aufzuweisen sind.

Die Aktivität der Almwirtschaft ist typisch für die Viehwirtschaft der Nomaden. Sie stellt – abgesehen von ihrer in der Vergangenheit ruhenden Tradition – die Lebensform von Gemeinschaften dar, deren Ökonomie gänzlich auf die Viehwirtschaft ausgerichtet ist.

 

Hochebenen / Almen

Mit dem Begriff "Yayla" werden die Hochebenen der Gebirge Mittelanatoliens bezeichnet. Sie waren Schauplatz der Geschichte, Stoffe für Legenden und Märchen.

Betrachtet man die Hochebenen, so scheint es, als ob die Geschichte ein wirbelnder Sturm war. Von der Geschichte sind in diesen Hochebenen ein unaufhörliches Sausen des Windes und das Herz der Türkei übrig geblieben.

Die Hochebenen in Anatolien, ob trocken oder feucht, breit und mit durchziehendem Wind oder sonnig, sie alle bilden Grundlage für gesundes und festes Wachstum. Der Weizen ist widerstandsfähig und fest; wie der Mensch dieser Region der vom Charakter der Natur geprägt ist.

Der Mensch der Hochebene gleicht seinem Boden äußerlich unscheinbar, innerlich wachsam mit tiefen Gefühlen und tiefem Bewusstsein. Das Wasser der Hochebene wird durch Grabungen geborgen. Ähnlich muss man auch beim Menschen vordringen. Der Bewohner der Hochebene lässt nur durch mühevolles Nachbohren die Tiefen seiner Seele blicken. So wie die Hochebene einen stillen Anschein hinterlässt, wirkt auch der dort lebende Mensch ruhig, gemächlich. Aber wie das Wetter in der Hochebene kann auch der dort lebende Mensch plötzlich explodieren und seine unheimliche Kraft dabei kann Steine aufwerfen, Dächer abreißen und Schornsteine wegfegen.

Der Weizen der Hochebene wächst recht unscheinbar heran, da er innerlich reift und eine besondere Qualität dadurch erhält. Dies ist ähnlich wie bei den Menschen der "yayla", die dürr und schwach erscheinen, doch auch bei ihnen konzentriert sich ihre gesamte Kraft im Nervensystem, ihre Energie in der Seele. Der Mensch der Hochebene lässt nicht los, was er mal gefasst hat und lässt sich nicht aus seinen Wurzeln reißen. Zweifelsohne haben auch Sie bereits einen Baum in Ankara gesehen dessen Wurzeln tief und weit gefächert sind. Man kann zunächst vermuten, dass diese mit einem Ruck ausgerissen werden könnten, aber es genügt nicht die Wurzel nur rauszureisen.

Die Wurzeln eines anatolischen Baumes können nicht herausgerissen werden. Sie gleichen einem Baum selbst, mit seinen Blättern und Früchten nach außen hin und den Wurzeln des Rumpfes nach innen hin, geschützt von der Hochebene. Die Hochebene ist dabei Wurzel und Rumpf zugleich.
Die Stimme der Hochebene ist trocken, ihre Augen sind leer, aber ihr Inneres glühend. Die Lieder der Hochebene sind alt. Die "yayla" weint in ihrem Innersten schluchzend, wie die Gewässer, die durch sie durchziehen....

Wie viele Gebiete Anatoliens ist die Hochebene eine bizzare Landschaft mit einem empfindsamen Herzen, sehnsüchtigen Augen, sie ist ehrlich und offenherzig. Die Hochebene erfährt alles spät, gibt ihre Wünsche spät bekannt, doch trotz allem ruht in ihr die Gewissheit des Sieges und der Harmonie.
Der Mensch gleicht dem Boden auf dem er lebt. Erst nach langer Zuneigung und Pflege beginnt er aufzublühen.

Die Hochebene ist nicht langsam sondern geduldig, nicht schwerfällig sondern besonnen, nicht nackt sondern bedeckt.
Die Hochebene kann als Wiege der Türken angesehen werden. Die Hochebene selbst ist eine Art Verkörperung des Türkentums.

Falih Rıfkı ATAY
 
Das Nomadentum ist die Lebensform einer Gesellschaft, die keinen festen Siedlungspunkt hat. Je nach Jahreszeiten werden dabei verschiedene Plätze aufgesucht um sich den Lebensunterhalt durch Tätigkeiten wie Jagen, Sammeln und Hirtentum zu verdienen. Eine Form der nomadenhaften Tierzucht stellt das "Prinzip der yayla" dar, was mit der Almwirtschaft verglichen werden kann.

Der Soziologe Ziya Gökalp erwähnt in seinem Buch "Geschichte Türkischer Zivilisationen", dass jeder türkische Stamm sowohl einen Fluss als auch einen Berg besaß. Das Flussgebiet fungierte dabei als Winterdomizil, das Berggebiet respektiert die "yayla" als Sommeraufenthalt. Manche Nomaden verbrachten teilweise die vier Jahreszeiten an verschiedenen Orten. Zu der damaligen Zeit (vor dem Islam) galt der Sommer als Frühling und wurde als "yay" bezeichnet. Die an die Jahreszeiten gebundenen unterschiedlichen Aufenthaltsorte hatten folgende Bezeichnungen:

Yazlak: Aufenthaltsort im Frühling
Yaylak: Ort, an den man sich im Sommer zurückzog
Güzlek: Aufenthaltsort im Herbst
Kışlak: Winterdomizil
Einige Stämme wechselten jährlich nur zweimal ihren Aufenthaltsort, die sie als "yaylak" Sommerdomizil und "kışlak" Winterdomizil bezeichneten.
Als natürliches Resultat der auf Landwirtschaft beruhenden Ökonomie des Landes war die gebräuchlichste Siedlungsform die Flächensiedlung. Darunter versteht man Ansiedlungen einer Gemeinschaft, die an Dörfer oder kleinere Einheiten gebunden sind. In diesen Gemeinschaften traf man auf verschiedenste Wohnformen die langfristigen oder kurzfristigen Zwecken dienten, große oder kleine, zentrale oder dezentrale Merkmale aufwiesen. Die wichtigsten Formen dieser Ansiedlungen stellen "mezra" das Feldhaus, "oba" Nomadenhaus, "çiftlik" Bauernhaus, "dam" kleineres Häuschen, "kerpiç" Lehmhaus, "bağevi yayla" Gartenhaus, "yaylak" Sommerhaus auf der Alm, "kışlak" Winterhaus etc. dar. Neben geographischen Faktoren wie natürliche Struktur, Klima, Pflanzendecke etc. wurden diese Siedlungsformen aber auch von historischen, sozialen und ökonomischen Faktoren bestimmt.
In ihrer geographischen Definition bezeichnet die "yayla" eine mit Flussbetten durchzogene und aufgeteilte aber dennoch mit flachen Ebenen aufweisende Formen der Erdoberfläche. Diese werden auch als Plateau bezeichnet. In ihrer ansiedlungs-geographischen Bedeutung bezeichnet sie einen Aufenthaltsort, der im Winter im allgemeinen unbesiedelt bleibt, im Sommer jedoch als Aufenthaltsort für Gemeinschaften dient, die neben der Landwirtschaft auch Viehzucht betreiben. Die "yayla" dient somit als Weidefläche und gleichzeitig durch ihre relative Kühle auch als idealer Aufbewahrungs- und Produktionsort für Lebensmittel wie Butter und Käse.

Kurzer geschichtlicher Abriss

A. Das Land

Vor dem Zuzug der türkischen Stämme, konnte man in Anatolien auf kein Nomadentum stoßen. Die Viehzucht war an eine ansässige Siedlungsform gebunden. Die türkischen Stämme führten zunächst ihre nomadische Lebensform, die die Steppe Mittelasiens bedingte, auch in Anatolien fort. Ein Grund darin kann auch in der damaligen historischen sozi- ökonomischen Verfallphase gesehen werden. Mit der Zeit jedoch bevorzugten diese nomadischen Stämme eine dauerhafte Siedlungsform.

Im 13. Jahrhundert kann die Lebensform des anatolisch-türkischen Dorfbewohners in zwei Bereiche eingeteilt werden: Es gab neben dem städtischen Leben ein Nomadentum in den westlichen, südwestlichen und südlichen Gebieten Anatoliens, während es im Inneren Anatoliens und in den Gebieten Sivas und Amasya feste Siedlungsformen bevorzugt wurden. Neben der Tatsache, dass die Viehzucht in Anatolien als traditioneller Bestandteil der landwirtschaftlichen Produktion galt die die türkische Wirtschaft prägte, ist nicht zu übersehen dass vor allem die geographischen Besonderheiten für diese Wirtschaftsform geeignet waren. In dieser Zeit wurden die Hochebenen vorwiegend von türkischstämmiger Bevölkerung besiedelt.

In der Epoche der Seldschuken, in der das Stadt- und Dorfleben besondere Entwicklungen aufzeigte, der Handel und die Landwirtschaft einen Aufschwung verzeichnen konnte, ist zu beobachten dass die Gemeinschaften in den Dörfern vorwiegend mit Landwirtschaft und Viehzucht, die Gemeinschaften in den Städten vor allem mit Handel beschäftigt waren. Dieses Wirtschaftsleben der nomadisch organisierten türkischen Stämme, das vorwiegend auf Viehzucht basierte, beeinflusste lange Zeit das Wirtschaftleben der umliegenden Dörfer, Gemeinden und Städte.

Im 16. und 17. Jahrhundert, der Periode in der das osmanische Reich in wirtschaftlicher Hinsicht große Entwicklungen erzielte und eine politische Stabilität aufwies, kann eine zunehmende Entwicklung des Dorf- und Stadtlebens verzeichnet werden, indem feste Siedlungsformen zunahmen und die Anzahl der Dörfer stieg. Auch die mit den militärischen Niederlagen im 18. und 19. Jahrhundert zusammenhängenden Landverluste auf dem Balkan beschleunigten die Einwanderungen aus dem Kaukasus und ließ in diesem Zusammenhang die Anzahl der Dörfer und die Einwohnerzahl der Gebiete der Marmara Region, Ägäis, des Mittelmeeres und des nordwestlichen Anatoliens ansteigen. Da diese Ansiedler jedoch statt Viehzucht eher auf Landwirtschaft spezialisiert waren, gab es in diesen Dörfern kaum eine an die Viehzucht gebundene Almwirtschaft.

Im der Periode des osmanischen Reiches wurde auf staatlicher Ebene eine Ansiedlungspolitik betrieben. Das steigende Bevölkerungswachstum, die Entwicklung der ansässigen Landwirtschaft, die Einschränkung von Auswanderungen mit den Grenzziehungen der Republik führte zu einem Versiegen der Siedlungswege und förderte eine ansässige Lebensform der Nomaden. Es kann beobachtet werden, dass die vorerst auf das Nomadenleben konzentrierten Einsiedler mit zunehmender Entwicklung der Alm-Kultur sesshaft wurden. Heutzutage trifft man auf Nomaden in den südöstlichen Gebieten Anatoliens und im Taurus-Gebirge, allerdings verringert sich deren Zahl zunehmend. An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass das oben beschriebene auf Viehzucht beruhende Nomadentum von einer Alm-Kultur im engen Sinne getrennt werden muss. Die Nomaden übten auf ihren weiten Strecken Wanderungen die Almwirtschaft nur begrenzt aus und ihre Tierhaltung bezog sich vorwiegend auf eine Kleinviehzucht. Die "yayla" - Kultur oder das Halbnomadentum dagegen wurde auf kürzeren Distanzen in einem engeren Gebiet ausgeführt, sie hielten vor allem größere Tiere. Weiters muss hervorgehoben werden, dass die Nomaden durch den ständigen Ortswechsel keine bestimmten Almen und Tierunterkünfte aufwiesen, wohingegen die "yayla" -Kultur durch Almen in Dorfnähe und festen Tierunterkünften ausgezeichnet ist.

Ende des 17. und zu Beginn des 18. Jahrhunderts entdeckten einige westliche Wissenschaftler die Bedeutung des "yayla" -Prinzips für ihre Kultur. Im 19. Jahrhundert wurden hinsichtlich der Entwicklung der Alm-Kultur in Österreich, Bayern, Frankreich und Italien wissenschaftliche Arbeiten durchgeführt. Die Ergebnisse wurden Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts in speziellen Magazinen und Büchern veröffentlicht. Die ersten Wissenschaftler die sich mit der Hochebene und deren angeschlossenen Alm-Kultur beschäftigten, waren an der Flora interessierte Botaniker und Spezialisten die sich für eine rentablere Ausnutzung der Weideflächen interessierten. Später interessierten sich Forscher, die auf dem Gebiet der Düngung tätig waren, Techniker für Entwicklung und Planung des Dorflebens sowie Zoologen, die sich mit der optimalen Beweidung von Tieren auseinandersetzten. Aber auch Spezialisten der Käseproduktion, Juristen, die sich auf die Nutzungsrechte der Weidelandschaft spezialisierten und Wirtschaftsexperten, die sich auf die rentable Nutzung der Weideflächen konzentrierten, interessierten sich.

Das "yayla" -Prinzip beinhaltet die gesamten wirtschaftlichen Aktivitäten von angesiedelten Gruppen (Berg-, Wald- und Tal Dörfer) innerhalb eines jahreszeitlich gebunden Zeitabschnittes von 1,5 bis 2 Monaten. Im Prinzip beruht dies auf der instinktiven Anpassung von Mensch und Tier an das Klima, das den Aufstieg auf die Hochebene und den Abstieg in das Tal bestimmt und spiegelt so die natürliche Lebensform des Tieres wider. Auch trotz der Entwicklung der Lebensformen und der Landwirtschaft in den Tiefebenen wurden die Weidegebiete in der Hochebene und die dortigen "yaylak" (Almhäuser, Sommerresidenzen) nicht vernachlässigt, sodass damit das Fundament der heutigen "yayla" -Lebensform und der Bergökonomie gelegt werden konnte. Die Viehzucht dieser Almwirtschaft beruht auf der sommerlichen Weidung der Tiere und der winterlichen Unterkunft in den Ställen. Die Menschen besitzen somit neben ihren Häusern in den Dörfern auch Unterkünfte in der Hochebene.

Das "yayla" -Prinzip beinhaltet auch eine fast ansässige Lebensform, sodass neben der Agrarwirtschaft und Viehzucht auch gärtnerische Tätigkeiten, wie Gemüse- und Obstanbau sowie Handarbeiten durchgeführt werden. Aus diesem Grunde werden die "yayla" auch als Grundstücksflächen betrachtet, die zusätzliche Verdienstquellen darstellen.

Die bestiegenen Hochebenen sind in geographischer Hinsicht weitflächige Ebenen mit Wiesen- und Weideflächen, reichem Wasservorkommen und befinden sich zwischen 2000 bis 3000 m Höhe. In verschiedenen Gebieten der Türkei wird mit denselben Zielen allerdings für wesentlich kürzere Perioden Almbetrieb durchgeführt, der als "güzle yaylağı" (Herbst-Residenz) bezeichnet wird. Diese Bezeichnung geht vor allem darauf zurück, dass der Herbst somit länger für die Landwirtschaft genutzt werden kann. Die als so genannte "bargâh" bezeichneten Orte wiederum stellen kurzfristig im Frühjahr genutzte Weideflächen der Hochebene dar. Diese liegen wesentlich tiefer und näher am Dorf.

Weiter findet man auch so genannte "kışlak" (winterliche Aufenthaltsplätze). Um die Tiere im Winter vor Kälte zu schützen und ihnen Weideflächen zu bieten ist es notwendig in die als "kışlak" bezeichneten Orte der unteren Ränder der Hochgebirge abzusteigen. Sie dienen hauptsächlich zum Schutz der Tiere und weniger zur Unterkunft der Menschen. An diesen Orten können Einzäunungen von Weidetieren und die Erzeugung von Molkereiprodukten vorgenommen werden, da sie Gebiete darstellen in denen es wenig Schnee und geringe Kälte gibt, aber reiche Weideflächen auffindbar sind. Diese "kışlak" befinden sich geschützt innerhalb oder im Umkreis von verschiedenen Waldlandschaften.

Lage der "Yayla" (Almen, Hochebenen) in der Türkei und Almbetrieb

Der in der Türkei betriebene Almauftrieb weist rhythmische senkrechte Bewegungen auf. Auch wenn der Almauftrieb in manchen Regionen unterschiedlich ist, so beginnt er doch im Allgemeinen in den Monaten April oder Mai und dauert 15 bis 20 Tage. Nach 3 bis 4 Monate Aufenthalten, in denen wirtschaftliche Aktivitäten auf der Alm durchgeführt werden, beginnt die Rückwanderung in die bewohnten Tiefebenen, oder der so genannte Almabtrieb meist Ende August, Anfang September.

Der Umstand, dass Anatolien von den Küsten in das Landesinnere einen Höhenzuwachs aufweist und somit morphologische und topographische Unterschiedlichkeiten in ihrer Pflanzendecke und ihren Klimabedingungen zeigt, führt zu optimalen Bedingungen für die Almwirtschaft. Während die auf die mittlere Breitenkreise fallenden Gebiete der Türkei im Sommer durch übermäßige Hitze gekennzeichnet sind, bieten die in 1000 bis 2000 m Höhe liegenden Hochebenen mit ihrem reichhaltigen Naturangebot und milden Klimabedingungen ein bequemeres Leben und gleichzeitig auch Erholungsgebiet. In einem außergewöhnlich reizvollem Naturgebiet wird Erholung geboten während sich an den Baumobergrenzen befindlichen Flächen Weideplätze zur Viehzucht anbieten.

Die Hochebenen befinden sich in Nordanatolien, beginnend östlich von Artvin bis hin zu den Bergketten zwischen dem Schwarzen Meer und dem Çoruh-Tal. Am ausgeprägten befinden sich diese Almen nördlich von Artvin bis hin zu den südlichen Bergen des Ortes Fındıklı an der Schwarzmeerküste. In der Umgebung von Görele trifft man auf diese Almen nur stellenweise. Die von Görele bis nach Amasya zunehmende Anzahl von bewirtschafteten Hochebenen erreichen ihren Konzentriertesten Punkt im Süden von Ünye und Ordu. Auch im Süden von Gerze sowie in den nördlichen Gebirgen von Boyabat und Taşköprü trifft man auf zahlreiche Hochebenen. Diese Kette von Hochebenen läuft entlang der Küste bis hin zu Kastamonu und wendet sich an dieser Stelle wieder in das Landesinnere. Eine weitere Kette von Hochebenen befindet sich im östlichen Schwarzmeergebiet südlicher Ausrichtung und umfasst Ardahan, die Hochebene von Şavşat, die Hochebenen südlich von Aşkale, weiter im Westen Koyulhisar, die Hochebenen südlich von Suşehir, die Hochebenen nördlich und östlich von Tokat, die Hochebenen nördlich von Gümüşhacıköy, die Ilgaz Hochebenen, die Hochebenen nördlich von Ankara, Çankırı und den Norden Eskişehir. Die Hochebenen zwischen Gerede und Bolu finden sich in ihrer Konzentriertesten Häufung im nördlichen Teil von Kızılcahamam. Auch die Anzahl der Hochebenen auf den Sündigen Bergen ist erwähnenswert.

Die bedeutendsten Hochebenen Zentralanatoliens befinden sich westlich und südlich von Tuz- See, der südlich von Ankara liegt, sowie in den Bergen westlich von Konya.

Ebenso ist das Taurus-Gebirge ein Almgebiet, wobei diese im Gebiet Alanya und Suğla- See am Konzentriertesten sind.
Gebiete, in denen Almen einzeln vorkommen sind die Gebirge Erciyes und Sultan, die östlichen Eğridir- Berge, der Aladağ im Taurusgebiet sowie das Madran- Gebirge. Die einsamen Täler der anatolischen Berge, die Küstengebiete sowie die im Winter wenig Schnee habenden Täler dienen als "kışlak" (winterliche Aufenthaltsorte). Ebenso zählen dazu der obere Abschnitt von Merehevi- Tal in der Nähe des Flusses Çoruh westlich von Artvin, das Gebiet Dil östlich des Berges Ağrı, Doğu Beyazıt westlich von Ağrı, die Umgebung von Diyadin, die Täler nördlich und östlich von Oltu, die Deltas der Flüsse Yeşil und Kızıl, die Mittelmeergebiete südlich des Taurusgebirges, die Ebenen von Adana und Amik, der Osten und Süden von Sivas, der Norden und Westen Hekimhanıns, die nördliche Ebene Konyas, das Ergene- Tal in Thrazien, Enez und die Umgebung von Tekirdağ.

Im Laufe der Zeit wurden diese winterlichen Aufenthaltsorte zu ständigen Siedlungsgebieten. Dieser Umstand wirkte sich auch auf die Namensgebung aus, sodass folgende Orte diesen winterlichen Aufenthaltscharakter wiedergeben: verschiedene Dörfer von Konya (Kızılca, Ağ, Kır, In, Kuyu, Kaş, Bucak, Çay, Dere, Gökçe, Yeni, Kara, Aydın) sowie Kışlaköy, Kışla Kariyyesi. Auch gibt es unter den Städten und Bezirksstädten Namen, die mit der Endung "kışla" (winterlich) auf ihren Ursprung hinweisen: Ulukışla, Şarkışla, Başkışla, ...

Zu Beginn dieses Jahrhunderts besaßen nicht nur die Dörfer ihre Sommerresidenzen sondern auch Städte verfügten über gewisse Gartenanlagen. So waren dies z.B. in Ankara die Bezirke Keçiören, Dikmen, Seyran, Etlik, in Konya Meram, in Kayseri Gesi und Erkilet, in Sivas Gürün, in Elazığ Buzluk, in Şereflikoçhisar die Hochebenen von Kozanlı etc. Dies waren Orte, an denen man sich im Sommer vergnügte und für den Winter Lebensmittel wie Wurst, Schinken, getrocknetes Obst und Gemüse herstellte. Mit der zunehmenden Entwicklung und Ausdehnung der Städte allerdings wurden diese Gebiete von der Stadt aufgenommen und entwickelten sich zu normalen Stadtteilen. Es ist auch nicht unbedingt notwendig dass sich die Almen oder Gärten in hoher Höhenlage befinden. Dies kann an den Gärten von Muğla aufgezeigt werden, die niedriger liegen, als der Ort selbst.
Die vertikale Ausbreitung der Almwirtschaft befindet sich vorwiegend in dem Schwarzmeergebiet, am Mittelmeer, der Ägäis und im östlichen Anatolien, wo ohnehin die Almwirtschaft im eigentlichen Sinne betrieben wird.

Im Gebiet des Schwarzmeeres liegen die Almen im Allgemeinen oberhalb der Baumgrenze, bei 2000 - 2200 m Höhe oder sogar noch höheren Plateaus. Große Familien betreiben meist im Sommer die Viehwirtschaft auf der Alm.

Im Mittelmeergebiet ist die Situation anders. Die so genannten "yaylalar" dienen hier sowohl ökonomischen als auch Erholungszwecken. So werden Ausflüge auf die Almen Çamlıyayla, Ulaş, Meşelik, Çamalan, Damlama, Gözne, Belen, Kuzucubelen, Fındıkpınarı, Aslanköy zur Erholung unternommen. Ein Teil der Almwirtschaft wird allerdings zu wirtschaftlichen Zwecken, dies ist die Almwirtschaft der nomadenhaften “yörük” turkmenischstämmigen Nomaden, betrieben. Die Unterkünfte bestehen trotz der Verwendung als dauerhafte Unterkunft größtenteils aus Zelten. Die Tourismus- ausgerichteten Unterkünfte sind moderner eingerichtet.

Ebenso in der Ägäis sowie in den östlichen anatolischen Gebieten kommt eine vertikal ausgerichtete Almwirtschaft vor. In der Ägäis gibt es keine dauerhaft eingerichteten Almunterkünfte. Die Almwirtschaft wird von „yörük" turkmenischer Nomadenstamm betrieben. Diese betreiben die Almwirtschaft im Sommer in 1800 - 1900 m Höhe (in den Bergen von Aydın, Honaz, Madran) und kehren danach zu ihren Wintersiedlungen zurück. Die "yörük", die vom Volk auch als „kırlı yörük" schmutzige Nomaden bezeichnet werden wandern von den westlichen anatolischen Gebieten des Landesinneren, sogar von Konya, in die Ebenen der Ägäis und in Gebiete entlang der Küste um ihre Wintersitze zu besiedeln. Im Sommer kehren sie dann wieder in ihre Almgebiete im Landesinneren zurück.

In Ostanatolien befinden sich die Almen der Hochebenen in 2000 bis 2700 m Höhe wie z.B. die Hochebenen von Tortum, Narman, Kars, Güllü, Karasu, Allahuekber, Aras. Die Almwirtschaft beginnt in den Monaten Mai / Juni und dauert ca. 3 bis 3,5 Monate.

In der Türkei wird auch eine horizontale Almwirtschaft betrieben. Hier besteht zwischen den Orten der Almbewirtschaftung und den tatsächlichen Siedlungsgebieten kaum ein höhenmäßiger Unterschied. Als Beispiel gelten dafür die Gärten und Wiesen von Meram bei Konya.

In Zentralanatolien, lässt man die Hochebenen der Berge Sündiken und Türkmen im oberen Sakarya- Gebiet und des Erciyes- Berges in Kayseri beiseite, findet man auf den Plateaus Almwirtschaften die entfernt von Dörfern jedoch in gleicher Höhe liegen. Diese sind allerdings recht einfach und bestehen aus Hirtenhütten und Weideflächen.

Die Behausungen der Almen haben die Form fester oder aber nomadenhafter Unterkünfte. Der Zustand der festen, dauerhaften Unterkünfte ist abhängig von der Kultur des Gebietes und des Besitzers sowie von seinen wirtschaftlichen Möglichkeiten. Im Allgemeinen ist der Plan jedoch auf die Notwendigkeiten der Viehzucht ausgerichtet. Die Wohnflächen mit Schlaf- und Küchenräumlichkeiten sowie einem engen Innenhof werden von Nebenbauten wie Ställen, Einzäunungsflächen für Weidetiere sowie Molkereibereiche vervollständigt. Die verwendeten Baustoffe dieser Unterkünfte sind im Mittelmeerraum Steine, in Zentralanatolien ungebrannte Ziegeln und Holz-Stein-Verbindungen, im Schwarzmeerraum Holz und in Ostanatolien Steine, das Dach aus Lehm.

Da diese Bauten häufig nicht sehr robust und auch gesundheitsschädigend sind, werden in einigen Gebieten vor allem in Ostanatolien diese sommerlichen Wohnsitze als moderne Bauten realisiert, z.B. in Soğukoluk, Belen, Zigana, Hamsi Köy. In diesen zwei- bis dreistöckigen Gebäuden befinden sich neben Küchen- und Baderäumlichkeiten alles was ein moderner Haushalt benötigt. Trotzdem, wahrscheinlich auf die vorübergehende Besiedlung zurückzuführen, hinterlassen diese Bauten im Vergleich zu festen Unterkünften einen nachlässigen Eindruck.

In der Türkei existieren rund 26.000 Siedlungen in Almgebieten. Aus diesen Zahlen lässt sich erschließen dass fast jedes zweite Dorf zwei oder mehr Almwirtschaften besitzt. In den mehr als 36.000 Dörfern der Türkei wird zum größten Teil keine Almwirtschaft durchgeführt. Allerdings vergegenwärtigt man sich dass in Gebieten um Erzurum, Kars und Bolu jedes zweite oder dritte Dorf eine Almwirtschaft betreibt, geht deutlich hervor welche Bedeutung die Almwirtschaft für die Dörfer spielt. Dies liegt zweifelsohne in der Wichtigkeit der wirtschaftlichen Bedeutung des Almbetriebes. Natürlich werden viele dieser Almbetriebe für den Tourismus ausgebaut, doch sind sie im Vergleich zur klassischen Nutzung der Almen nicht so bedeutend.

Kurz gesagt kann festgestellt werden, dass die Viehhaltung und die Almwirtschaft auf ökonomischen Zwecken ausgerichtet sind und den Dörfern, vor allem in Ostanatolien und im Schwarzmeergebiet, auf diese Weise große Einkommen zufließen und somit ihre Lebenshaltungskosten ausgeglichen werden können, eingenommen der Viehzucht, Schurwolle und Heu.

Rechtswesen der Almen

Die Sommerunterkünfte auf den Almen unterscheiden sich von den festen Winterunterkünften in juristischer Hinsicht nicht. Ihre Unterscheidung ist natürlicher Art. Aus regulärer Hinsicht muss die Kategorisierung, ob eine Wohnung eine Sommer- oder Winterunterkunft darstellt, zuvor im Grundbuch eingetragen werden (101. Artikel des Grundstückgesetzes). Die Vermietung dieser Unterkünfte sowie andere Kriterien wie der Weide- oder Wasserzustand, die flächenmäßige Begrenzung etc. obliegt dem Bürgermeister, dem Rat der Alten oder dem in der Stadt wohnenden "Ağa" (Landherren).
10. Artikel des Grundstückgesetzes: Das gesamte Volk willigt ein, dass auf den Sommer- und Winterunterkünften Agrarwirtschaft und Feldhüter betrieben werden darf.

Die Bedeutung der Alm hinsichtlich der Lebewesen
Der Begriff "yayla" wird auch als Bezeichnung von hochgelegenen Orten verwendet, an denen man sich im Sommer ausruhen und entspannen kann. Heutzutage werden einige Almen auch aus touristischen Zwecken zu Feriendörfern umgebaut, was die Veränderung und die Entwicklung der Almwirtschaft darlegt.

Die Luft des Bergklimas ist leichter, natürlicher und trockener, fast ohne Bakteriengehalt und weist einen geringen Sauerstoffgehalt auf. Dies hat zur Folge, dass die dort lebenden Lebewesen wesentlich tiefer einatmen, so dass Lungen und Herz entlastet werden. Zudem führt der geringe Sauerstoffgehalt zu einer vermehrten Erythrozyten Produktion (bis zu 20 % mehr) des Blutes im Körper.

Die Wirkung der Sonneneinstrahlung nimmt mit Zunahme der Meereshöhe zu. Im Gegensatz zu den Tiefebenen können hier in der Hochebene wesentlich mehr Sonnentage gezählt werden, was sich wiederum positiv auf die Strapazierfähigkeit und Regulierung des Nervensystems auswirkt.

Die Alm ist für die Auswahl von Zuchttieren für Tierzüchter von großer Bedeutung; denn das Almgelände bietet dem Tier während seiner Futtersuche ständige Bewegung. Die damit zusammenhängende gute Durchblutung und der Sauerstoffwechsel sind optimale Voraussetzungen für die Viehzucht. Durch ihre Steilhänge bietet das Almgebiet auch gute Voraussetzungen für einen gesunden Körperbau, starke Knochen, gut ausgebildetes Muskelsystem etc. und steigert die Kraft, Ausdauer sowie Langlebigkeit von Zucht- oder Milchtieren. Hohe Qualität und Quantität bezüglich Fleisch, Milch, etc. zeichnet die Almproduktion aus. Ein weiterer Vorteil für den Bauer ist, dass auf der Alm die tägliche Stallpflege entfällt.

Durch das Bergklima und vielseitige Weidefutter wird die Milch des Tieres mit Vitaminen, Mineralen und Proteinen angereichert, was den Jungtieren eine gesunde und kräftige Entwicklung verleiht. An dieser Stelle soll auch darauf hingewiesen werden, dass heutzutage viele Almkräuter als Heilkräuter eingesetzt werden.

Geburt auf der Alm und damit zusammenhängende abergläubische Praktiken

Früher wurde die Geburt auf der Alm mit Unterstützung einiger erfahrenen Frauen in den Zelten verwirklicht. Heutzutage wird auf der Alm keine Geburt mehr durchgeführt. Sollte sich der Geburtstermin nähern, so besucht man die nächstgelegene Bezirksstadt.

Beim Eintreten der Wehen benachrichtigte früher die Frau nicht sofort die Nachbarn, sondern wartete geduldig bis der Wehenabstand kürzer wurde. Während dieser Zeit ging sie im Zelt herum und lieβ erst im allerletzten Moment die Nachbarn durch ein Kind etc. benachrichtigen.

Im Zelt wurde daraufhin Feuer gelegt und Wasser aufgestellt um nach der Geburt Mutter und Kind gründlich mit warmem Wasser zu reinigen. Die werdende Mutter wurde solange im Zelt herumgeführt, bis ihre Wehen periodisch wurden um sie anschließend ans Feuer zu setzen. In einem weiteren Schritt wurde ein Seil am Zeltpfahl befestigt, an welches sich die gebärende Frau bis zur Geburt festhielt. Kurz vor der Geburt hockte sie sich auf den Boden und wurde von einer weiteren Frau im Rücken unterstützt, bis die Geburt abgeschlossen war.

Um den Geburtsvorgang zu erleichtern, praktizierten einige Frauen folgende abergläubische Anwendungen:

• Nelkenkraut wird in Wasser eingelegt; das Wasser wird der in Wehen stehenden Frau eingeflösst.
• Die gebärende Frau wird dreimal unter einem Kamel durchgeführt, wobei diese ein bestimmtes Gebet verrichten muss.
• Die gebärende Frau trinkt dreimal Wasser aus der Hand einer Frau, deren Geburt sehr leicht gewesen ist.
• Unter die Fußsohlen der Frau wird erwärmte Erde gestreut.

Nach der Entbindung wurden die Frauen sehr kraftlos und manche fielen sogar in Ohnmacht, was als "kellendi" bezeichnet wurde. In dieser Situation lieβ man die Frau eine Zwiebel riechen und streute erwärmte Erde unter ihre Füße.

Wenn das Kind nach der Entbindung keinen Laut von sich gab, wurde die Nabelschnur in Richtung Kind gerieben, anschließend mit einem in heiβem Wasser abgekochten sauberen Messer abgetrennt und die Stelle mit Olivenöl eingerieben. Ein Teil der Frauen kümmerte sich um das Neugeborene, die anderen um die Mutter die durch Pressen an beiden Seiten des Bauches die Nachgeburt herausdrückten. Falls dies ohne Erfolg blieb, wurde sie auf Heu-Wasserdampf gesetzt. Um unangenehme Gerüche des Neugeborenen zu vermeiden, wurde es mit Salz abgerieben. Ebenso wurde ihm eine Salz-Zucker-Mischung in den Mund gegeben. Bevor man das Kind zum ersten Mal an die Brust angelegte gab man ihm einige Tropfen einer Zuckerwasserlösung zu trinken.

Gleich nach der Entbindung wurde die Frau gewaschen und auf erwärmte Erde gelegt. Um die Frau innerlich zu erwärmen, wurden ihr zwei bis drei Esslöffel einer besonderen Mischung aus Honig oder "Pekmez" Traubensaft und Butter verabreicht. Bei einer Erstgeburt wurde der Frau ein spezieller "boncuk" Glücksbringer gegeben, den sie schlucken musste im Glauben daran dass dies nicht die letzten Geburtsschmerzen sein mochten.

Die Frau zählt nun nach der Geburt als Wöchnerin. Am nächsten Tag wird sie und ihr Baby von den Nachbarn besucht, die ihr eine besondere Zimt-Grütze zubereitet haben.

Um das Kind vor dem Kindbettfieber zu schützen wird es mit einer roten Decke zugedeckt. Um es vor dem Teufel zu schützen, der ihm Krankheit bringen kann, werden oberhalb des Kopfes des Kindes Brotkrümel, ein Messer und ein Spiegel gelegt.

Die Namensgebung erfolgt indem jemand der den Koran kennt dem Baby den Gebetsruf in das Ohr flüstert. Die Namensgebung orientiert sich nach den Namen der Ältesten der Gemeinschaft.

Es wird daran geglaubt dass Fleisch, Verstorbene oder Mehl, wenn das Kind dies berührt, es erkranken lassen. Darum ist es notwendig, wenn ein Nachbar ein Tier schlachtet, ein Stück des Fleisches über das Neugeborene zu halten und zu reinigen oder das Kind wird auf das Fleisch gelegt. Sollte dies nicht gemacht werden, so glaubt man dass das Kind nicht laufen lernen würde. Um zu verhindern dass ein Verstorbener (der Geist eines Verstorbenen) auf das Kind steigen könnte, werden alle Gegenstände des Zeltes nach der Beerdigung geschüttelt und ausgeklopft und wieder an ihre Plätze gestellt. Einer eventuellen Gefährdung des Kindes durch Mehl das aus der Mühle kommt, wird vorgebeugt indem das Gesicht des Kindes mit Mehl eingerieben und der Körper in Mehl getaucht wird.

Eine andere Art das Kind vor dem Kindbettfieber zu schützen ist folgende: in ein Säckchen werden 40 Steinchen gelegt; jeden Tag nach dem Bad des Kindes wird ein Steinchen entfernt. Am vierzigsten Tag werden erneut 40 Steine in einen großen Kessel gelegt und darin Wasser erhitzt, um anschließend alle Hausbewohner und Hausgegenstände mit diesem Wasser zu reinigen und dem eventuellen Tod des Kindes vorzubeugen.

Wenn während der Geburt des Kindes ein Tier stirbt, so besteht die Möglichkeit dass das Kind mondsüchtig wird. Um dem vorzubeugen wird das Kind an einer Weggabelung über einem Stück Fleisch gewaschen. Eine andere Methode ist die Aufwiegung des Kindes mit Salz. Dabei wird das Kind auf eine Waagschale, das Salz auf die andere Waagschale gelegt. Der Vorgang wird nach einer Woche wiederholt, dadurch soll das Kind geheilt werden.
Um zu verhindern, dass das Kind ein Dieb wird werden seine Nägel erst nach Vollendung des ersten Lebensjahres abgeschnitten. Die ersten Haare des Kindes werden als „ana tüyü" Mutterhärchen bezeichnet. Wer diese Haare abschneidet muss dem Kind ein Geschenk überreichen. Früher wurden dazu rote Schüsseln verschenkt. Ein Kind, das beim Laufen häufig hinfällt wird als „köstekli" (Hemmschuh) bezeichnet. In einem solchen Fall wird dem Kind eine Schnur um den Fuß gebunden. Wenn diese Schnur mit einem Messer durchgeschnitten werden kann, so glaubt man dass das Kind nun ohne hinzufallen laufen werde.

Sprichwörter über die Almwirtschaft und das Hirtentum, Aberglauben

• Wenn ein Hirte etwas wirklich will, dann kann er Milch aus Filz schöpfen.
• Es wurde der Fuchs gefragt, warum sein Hals denn so dick sei. Und er antwortete: Er ist deshalb so dick, weil ich meine Arbeit immer selbst verrichte.
• Zwiebelschalen sollen nicht auf dem Ofen verbrannt werden, da dies als teuflisch gilt. Wasser- oder Kochtöpfe sollen nie umgedreht abgestellt werden.

 Man stellt sie auf den Ofen, gibt ein wenig Wasser hinein, und gibt den Deckel nicht ganz darauf.

Zum Abschluss

Heutzutage versuchen viele Länder, Städte, Gemeinden und Dörfer durch Subventionen die Sommerunterkünfte auf den Almen durch die Errichtung von Sozialanlagen rationeller zu nutzen. In der Türkei wurde von Anfang an nur die Viehzucht bedacht und große Geldaufwendungen für Reformierungen unternommen, allerdings brachten diese nicht den erhofften Erfolg. Wären diese Finanzmittel auch gleichzeitig der Entwicklung der Almen und Weiden neben der Viehzucht und Bestallung zugute gekommen, so hätten bereits heute viel größere Erfolge erzielt werden können.

Ein weiterer heikler Punkt liegt darin, dass in der Türkei diesbezüglich nur wenige Forschungen existieren. Die erste Abhandlung zu diesem Thema wurde erst im Jahre 1939 von Professor Cemal Alagöz geschrieben. Wie in vielen anderen Bereichen auch, sind auch hier die wichtigsten Vorreiter ausländische Wissenschafter. Bis heute existieren keine genauen Statistiken und Landkarten, die über detaillierte Informationen wie Pflanzendecke, Beitrag der Almwirtschaft zur Wirtschaft, Gesamtfläche, Anzahl und zahlenmäßige Verteilung etc. Auskunft geben. Im Allgemeinen sind die Forschungen in diesem Bereich auf die Volkskultur ausgerichtet. Und dies obwohl die Almkultur mit ihren gesamten Besonderheiten, ihren geographischen Gebieten und Bereichen, mit ihren mehr als 50 über sie verfassten Liedern und Weisen, ihrer Terminologie, Unterkunftsformen, Pflanzendecke, ihren Wildtieren, Traditionen, Ess-, Feier- und Glaubensgewohnheiten, Krankheiten sowie Werkzeugen eine eigene Welt für sich darstellt, eine eigene Kultur ausgeprägt hat.

Die Almen der Türkei nach ihrer Nutzungsart

A) Almen, die zu Ferien- und Erholungszwecken genutzt werden
 

1. Bursa - Kadıyayla, Sarıalan
2. Bolu - Abant, Gölcük
3. Balıkesir - EdremitKazdağı
4. Izmir - Ödemiş Gölcük, Bozdağı
5. Antalya - Saklı, Beycik, Turbelinaz
6. Adana - Bürücek
7. Hatay - Soğukoluk
8. Artvin - Yusufeli
9. Rize - Ayder
10. Giresun - Kulakkaya, Boğaz obası
11. Kütahya - Muratdağı
12. Sivas - Sıcak Çermik
13. Mersin - Abanoz, Gözne

B) Almen, die sowohl für Ferienzwecke als auch zur Viehzucht genutzt werden

1. Bilecik - Domaniç
2. Bolu - Aladağı, Sarıalan, Karacasu
3. Antalya - Yazır, Karçukuru
4. Ankara - Akyarma
5. Mersin - Namrun
6. Adana - Zorkun
7. Tokat - Çamiçi
8. Izmir - Kozak
9. Ordu - Perşembe, Çambaşı
10. Giresun - Gümbet, Bektaş
11. Rize - Kavron, Anzer
12. Trabzon - Düzköy
13. Artvin - Sahara
14. Gümüşhane - Kadırga, Kazıkbeli, Erikbeli, Güvende, Zigana, Camiboğazı

C. Almen, die zur Viehzucht genutzt werden
 

1. Bolu - Kandıra, Tenbel
2. Kastamonu - Çaklı
3. Afyon - Yağlığınar
4. Antalya - Yazır
5. Niğde - Eznevit
6. Kayseri - Tekir
7. Kayseri -Tekir, Beyyurdu
8. Aksaray - Hasandağı, Melendiz
9. Tunceli - Mercan
10. Bingöl - Şerafettin dağı
11. Van - Tırışın
12. Hakkari - Mergan, Gevarlık, Gelyano, Oramar, Baygölü
13. Diyarbakır - Beritan
14. Kars - Serdarabulak, Çilli, Bülbülan, Sarıçiçek
15. Rize - Elevit, Samistal, Y. Kavrom, Palakçur, Ağveçor, Kaçkar
16. Kars - Bülbülan
17. Artvin - Sarıbulut
18. Erzurum - Bardır

Meine schöne Alm ist eine Ruine geworden
Sie ist die Heimat von Fremden geworden
Es starb ein armselig Arbeitender in Amasya
Du Alm, voller Nebel, Wiesen und Gras
Du hast verloren deinen Namen und deine Ehre
Die Wälder passen zu deinen Flüssen
Grauer Nebel sinkt auf deine Höhen
Gibt es keine Salbe für deine Wunden

Du Alm, voller Nebel
Alm, warum ist dein Schnee nicht geblieben
Warum sind deine Tulpen und Hyazinthen nicht erblüht
Warum fließt das kalte Wasser deiner Quellen nicht?
Du Alm, voller Nebel

Wo sind deine Kühe, deine Schafe
Wo sind deine Bräute, deine Mädchen
Wo sind deine Liebenden und deine Saz (Musikinstrument, das mit
Schlagring gespielt wird)?

(Volkslied aus Sivas- Yıldızeli)

Vartivor (Almfest) in Kavran

Kavran, im Volksmund auch Kavron genannt, ist eine reizvolle Alm im östlichen Schwarzmeergebiet an den Hängen der Kaçkar Berge. Kavran ist vom Rizer Bezirk Çamlıhemşin über die Ayder- Landstraße aus erreichbar. In ihrer Vergangenheit wurde auf dieser Alm reine Almwirtschaft betrieben, heutzutage fungiert sie sowohl als Alm- als auch Feriengebiet. Die Bewohner des östlichen Schwarzmeergebietes ziehen im Sommer auf die am Ende der Baumgrenzen befindlichen Almen, die in einer Höhe von ungefähr 2000 m liegen, um ihre Tiere auf den großen Weideflächen weiden zu lassen und sich selbst vor dem schwülen Wetter zu schützen. Die Almhäuser werden meist von einer älteren, erfahrenen Person, die sich in der Vorbereitung des Wintervorrates wie Butter, Käse etc. gut auskennt und einem Jugendlichen, Mädchen oder Junge, im Alter von zehn bis fünfzehn Jahren der das Hüten des Viehes übernehmen wird, bewohnt. Im Gegensatz zu der verstreuten Siedlungsform in den Dörfern, liegen die Almhäuser sehr eng beieinander.

In den östlichen Gebieten des Schwarzmeeres haben sich verschiedenste sommerliche Almfeste bis in die Gegenwart erhalten. Diese Feste, die mit Namen wie "Çürük Ortası", "Okçular", "Yayla Ortası" oder "Vartivor" bezeichnet werden, weisen auf verschiedene Phasen des Almalltages hin. Im Allgemeinen fallen sie zeitlich auf die Beendigung der Mähtätigkeiten oder der Verrichtung der letzten Arbeiten auf der Alm zusammen.
Auf einer der Ayder Almen der Alm Kavran, gehörend zur Kreisstadt Çamlıhemşin in Rize, wird das Vartivor -Fest auch heute noch wie in der Vergangenheit mit demselben Prunk und Pracht gefeiert.

Das Vartivor ist ein Fest das von der Almgemeinschaft veranstaltet wird. Es beginnt meist am 15. Juli und dauert bis zum 25. Juli an. Bei diesem Fest tanzen die Burschen und Mädchen ihre traditionellen Tänze und singen sich gegenseitig „mani" (Volkslied im Vierzeiler-System) zu. Vartivor bedeutet so viel wie Rosen- oder Pflanzenfest. Das Vartivor- Fest wurde früher in den Bergen der Umgebung Ergenekon, legendäre Urheimat der Türken, Ende Juli Anfang August gefeiert. Heutzutage wird dieses Fest mit der gleichen Pracht und ungefähr zur gleichen Zeit auf den Almen von Hemşin veranstaltet.
Die Almbevölkerung, die diese Vartivor- Tradition von den vorhergehenden Generationen übernommen hat, beschreibt es wie folgt:

"Wir gehen auf die Alm, um unser Vieh weiden zu lassen und unseren Wintervorrat hier zuzubereiten. Auf der Alm gibt es in jedem Haus jemanden der diesen Wintervorrat zubereitet und jemanden der die Tiere hütet. Im Sommer werden die Arbeiten im Dorf im August beendet und wenn alle Arbeiten abgeschlossen sind, dann versammelt sich die Dorfbevölkerung hier auf der Alm, um das Vartivor- Fest zu feiern. Jene die zu diesem Fest auf die Alm kommen, werden als "Vartivorcu" bezeichnet. Die Dorfbewohner amüsieren sich gemeinsam mit der Almbevölkerung und versuchen sich so von der getanen Arbeit zu erholen, sie tanzen und spielen bis in die frühen Morgenstunden, trinken und schießen mit Pistolen."

Die Dorfbewohner die auf die Alm zu diesem Vartivor- Fest gehen ziehen sich ihre schönsten Kleider an und machen sich zu früher Morgenstunde auf den Weg. Auf dem Weg zur Alm wird der "tulum", eine Art Dudelsack gespielt, "türkü" Volkslieder werden gesungen und der „hora", ein spezieller Tanz bei dem man sich an den Händen fasst und sich im Kreis bewegt, getanzt. Die Almbewohner erwarten diese Dörfler mit großer Aufregung und Freude. Die Dorfbevölkerung betritt die Alm mit traditionellen Gesängen und großer Freude. Das Fest und die freudigen Feierlichkeiten dauern auf der Alm 15 Tage an. Während die Almbewohner, deren Dörfler nicht gekommen sind, mit bedrückter Stimmung am Fest teilnehmen fühlen sich diejenigen Almbewohner deren Dörfler in großer Zahl gekommen sind geehrt und nehmen erhabenen Hauptes am Fest teil.

"Früher machten sich die Dorfbewohner nach der Beendigung der Arbeiten im Dorf bereits nach dem Morgengebet auf den Weg zur Alm. Singend und tanzend fanden wir uns am Rand von Vice, der Bezirksstadt von Çamlıhemşin ein. Dort legten wir eine Rast ein, aßen etwas und machten uns erneut auf den Weg. In Ayder war eine leere Scheune unser Nachtlager, wo wir bis in den Morgen tanzten und Musik spielten. Am nächsten Morgen gingen wir weiter und erreichten um Mittag unter Pistolenschüssen die Alm. Auf einer flachen Ebene der Alm tanzten wir sofort den "hora", den wir unter Lampen und Feuer bis in die Morgenstunden tanzten. Zehn bis fünfzehn Tage wurde so gefeiert. Die Burschen und Mädels kamen in ihrer besten Kleidung zum Vartivor- Fest. Lieben wurden hier geboren oder vertieften sich. Die Mädels drückten ihre Liebe zu den Burschen mit ihren eigenen "atma türkü", eine bestimmte Form des Volksliedes aus."

Das Vartivor, das im Volksmund auch als "Yayla Ortası" (Mitte der Almzeit) bezeichnet wird, ist eines der wichtigsten Festlichkeiten dieser Region. Es gibt keine Dokumente, die darauf schließen lassen, dass dieses Fest religiöse Hintergründe habe. Aber es wird behauptet, dass die Bevölkerung von Hemşin die christlichen Traditionen fortsetzten und am Vartivor- Tag in die Kirche gehen würde.

Das Vartivor -Fest liegt zeitlich genau in der Mitte der Almperiode. Das Fest umfasst genau die ersten 15 Tage des Monates August, in denen die Arbeiten der Dorfbewohner weniger werden und die Hitze und Feuchtigkeit in den Dörfern zunimmt. Der "Dorfrechnung" oder dem "Mondkalender" zufolge, die die Alten der Dörfer verwenden, beginnt dieser Zeitraum am 20. - 22. Juli und hält ungefähr 15 Tage an.

Die Feierlichkeiten werden im Rahmen einer großen Organisation verwirklicht die einen Fest-Präsidenten und ein Festkomitee erfordern und die gesamte Verantwortung für den Zeitraum dieser Feierlichkeiten auf sich nehmen. Die finanziellen Mittel werden durch freiwillige Spenden der Dorfbevölkerung gesichert. Neben den traditionellen Volksliedern und den Aufführungen des "horta", werden auch Ausflüge zu bestimmten Stellen der Hochebene organisiert, z.B. nach Mezovit, Ovidin Ebene. Diese Ausflüge sind sehr lustig, es wird gegessen und getrunken, Ball gespielt aber auch geangelt.
Ein wichtiger Teil dieses Festes liegt in der Zusammenstellung von Gruppen für den traditionellen "hora" -Tanz. Dabei können Mädchen und Burschen sowohl getrennt als auch gemischt tanzen. Dieser Tanz wird auf großen ebenen Flächen oder Lauben ausgeführt, wobei die parallel zum Tanz abgegebenen Pistolenschüsse wichtig sind. Auf dem Fest werden spezielle Gerichte wie "hoşmeli" oder "lokum" zubereitet und die Bewohnerzahl der Alm steigt während des Festes um das Dreifache an.

Ergebnis

Das Vartivor- Fest stellt auch heute ebenso wie in der Vergangenheit eine Antwort auf gesellschaftliche und psychologische Bedürfnisse des Volkes dar. Solange ein kultureller Akt seine Funktionalität für die Gesellschaft aufrechterhält, wird er von einer Generation zur anderen weiter geleitet.

Vartivor ist ein Ort des Treffens und der Begegnung für das über das ganze Jahr hart arbeitende Volk. Allerdings nicht nur die Dorfbevölkerung sondern auch in den Großstädten lebende, die ihre Heimat in dieser Gegend haben, legen auf dieses Fest großen Wert, ja sie planen sogar ihre Arbeit nach diesem Fest. Vartivor ist ein Ort, wo die Lasten und Müdigkeit abgeworfen werden kann, wo Sehnsüchte gestillt werden und man sich ganz dem Vergnügen hingeben kann. Die Gefühle und Gedanken werden auf dem Fest am treffendsten mit den Volksliedern ausgedrückt.

In diesen Liedern berichten Liebende über ihre Liebe und Enttäuschungen, die Nachbarn von ihren Erwartungen, die Zerstrittenen über ihre Sorgen, diejenigen die in der Fremde wohnen über ihr Heimweh. Aus diesem Grund hat dieses Fest auch eine kommunikative Funktion. Es ist hilfreich bei der Überwindung unbewusster Schmerzen und Probleme und hilft dem Menschen sein psychisches Gleichgewicht wieder herzustellen. Darüber hinaus festigt es die Bindung und Beziehungen zwischen den Menschen und führt zur Stabilität der Gesellschaftsordnung.

Aus diesem Grund wird dieses Vartivor- Fest, auch wenn es gewissen Form- Veränderungen unterliegen wird, inhaltlich gleich bleiben und ihre Ziele aufrechterhalten. Es wird über Generationen hin mit der gleichen Freude und Ausgelassenheit gefeiert werden und die Kavran Alm wird noch viele weitere Jahre Zentrum dieser Feierlichkeiten bleiben.

Ich gehe fort von hier
Vartivor ist mein Ziel
Ich war getrennt von Euch
Das ist der Grund meiner Neugierde.

Wer keinen hora spielen kann,
Dessen hora -Platz ist nicht eben
Eine Frau die kein Samtkleid tragen kann
Wird nicht zum Mädchen.

Kommst du von der Alm,
du grünes Taxi?
Sie geben mir nicht meine Geliebte,
Ihre Brüder sind so widerwillig.

Ihr Almen, eure Blumen
Tragen Blütenköpfe.
Ich liebe ein schönes Mädchen,
doch ist sie noch zu jung.

Der Dunst der Almen
Kommt jeden Tag und trifft mich
Ich trauere um meine Jugend,
Die vergangen ist mit Weinen.

Frag die Almen,
ob ich ihr eine Blume entnahm.
Fragst du auch dieses Jahr
So wird nichts in der Welt meinen Mund öffnen.
 
Zu Fuß ging ich von der Alm
Und weinte eine Stunde
Ich band eine Erinnerung
An den Baum der Trennung

Wäre ich eine Quelle
Auf den Wegen der Alm
Könnten die schönsten Mädchen
Vorbeigehen und an mir trinken.

Unsere Alm ist wie eine Ebene
Das Wasser kalt wie Eis.
Bist du fünfzig Jahre alt geworden
Bist du noch immer wie ein junges Mädchen.

Dieses Jahr ist Vartivor
Nicht das Vartivor wie immer
Da du nicht gekommen bist,
was soll ich mit so einer Geliebten.

Auf der Ebene von Ayder
Wird ein Hubschrauber landen.
Ich werde eine Nachricht von meiner Geliebten bekommen,
dass sie nach Vartivor komme.

Dieses Jahr bist du die Blume
Der Blumen der Alm
Du hast mir in das Herz gestochen
Mit dem Messer der Liebe.

Auf dem Gipfel vom Kaçkar -Berg
Liegt ein Stein still und starr
Am Abend erschien ein Mond
Der neugieriger war als ich.

Von der Alm lief ich zu Fuß
Sie war mit Dunst belegt
Ich konnte nicht in deine Augen sehen
Da meine Augen mit Tränen gefüllt waren.

(Volkslied)